Zeit ist es geworden, alle an einen Tisch zu bringen: Menschen mit Behinderung und deren Vertretungen, Einrichtungen für Menschen mit Behinderung und politische Vertreter*innen aller Ebenen.
Deshalb haben meine Kollegin MdL Kerstin Celina, Sprecherin für Inklusion und ich zu einem Fachgespräch eingeladen. Ca. 25 Menschen mit Behinderungen, Angehörige, Vertreter der Einrichtungsträger, Verbandssprecher*innen, Bezirksrät*innen, Beauftragte für Menschen mit Behinderungen haben online daran teilgenommen.
Die wichtigste Fragestellung ist natürlich: Wie passen die Regelungen des Infektionsschutzes für Menschen mit Behinderung?
Leider wurden die Regeln ohne Einbindung der Betroffenen festgelegt, es wurde nicht gemeinsam mit den Einrichtungen überlegt, welche Maßnahmen überhaupt sinnvoll umgesetzt werden können.
Und bis jetzt gibt es keine Reihentestungen für Personal und Bewohner*innen der Einrichtungen. Wenn überhaupt, muss die Einrichtung Tests und Schutzkleidung (sofern sie sie bekommt) selbst bezahlen, was sich bei einer größeren Einrichtung leicht zu einem sechsstelligen Betrag aufsummieren kann. Doch wer übernimmt die Haftung, wenn die Tests nicht durchgeführt werden können und keine Schutzkleidung da ist, aber die Menschen trotzdem gut versorgt werden müssen?
Ein großes Problem war das strikte Besuchs‑, Heim- oder Rückkehrverbot für Menschen mit Behinderungen, die in Einrichtungen leben. Einsamkeit, Unverständnis, psychische Belastung der Betroffenen sowie Überforderung der Angehörigen sind nur harmlose Beschreibungen der extremen Situation.
Menschen mit Sehbinderungen oder kognitiven Einschränkungen verstehen oft die Abstandsregelungen nicht. Dies führt zu Angst, sie trauen sich nicht mehr im Raum zu bewegen, sie gehen nicht mehr auf die Toilette.
Therapieangebote, die nicht mehr durchgeführt werden dürfen, führen zu Verschlechterungen des Gesundheitszustands der Mensch mit Behinderung. Musiktherapie, Physiotherapie, Logopädie — all das wurde ausgesetzt und wirft die Patient*innen teilweise sehr weit zurück.
Teilhabe von Menschen mit Behinderung droht in den Hintergrund zu treten.
Auch in schwierigen Zeiten für alle muss auf die Belange für Menschen mit Behinderung geachtet werden. Wir wünschen uns, dass die Behindertenhilfe nicht nur ein Anhängsel der Pflege ist, dass Regeln vom Gesundheitsministerium gemeinsam mit den Verbänden erarbeitet werden, so dass diese sinnvoll in den Einrichtungen umgesetzt werden können. Für die verschiedenen Behinderungsarten müssen dabei indidviduelle Lösungen gefunden werden.
Dabei dürfen wir die Menschen mit Behinderung nicht vergessen, die ’nur’ auf ambulante Hilfen zugreifen müssen: Auch deren Personal muss Zugang zu Tests und zu Schutzkleidung erhalten.
Lange haben auch Veröffentlichungen in Gebärdensprache und Leichter Sprache gefehlt, aber nur wenn man Regeln versteht, kann man sie auch einhalten.
Für mich als Haushaltspolitikerin zeigte sich einmal mehr, dass sämtliche Entscheidungen über den Einsatz von Hilfen, Steuergeldern oder gar Schulden stets das soziale Auge brauchen, um soziale Gerechtigkeit und faire Teilhabe zu ermöglichen.
Wir danken allen, die sich bei diesem Fachgespräch mit beruflicher Expertise und persönlicher Erfahrung eingeklinkt haben und werden die Anliegen über Anträge, Forderungen und Anfragen konstruktiv in die politische Arbeit umsetzen.
Hier finden Sie weitere Information zum Thema:
Corona Ratgeber in Leichter Sprache
Corona Ratgeber ‑2- Leichte Sprache
https://www.behindertenbeauftragter.bayern.de/
https://www.bayern.de/service/coronavirus-in-bayern-informationen-auf-einen-blick/barrierefreie-angebote/
https://leichte-sprache.main-spessart.de/leichte-sprache/nummer1/index.html
https://corona-leichte-sprache.de/blog/57-jetzt-auch-masken-fuer-gehoerlose-menschen.html
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