Die beiden Grünen Landkreis-Abgeordneten im Bayerischen Landtag, Dr. Markus Büchler und Claudia Köhler, äußern sich zum Koalitionsvertrag und den Auswirkungen auf den Landkreis München:
„Dieser Koalitionsvertrag ist eine schlechte Nachricht für unseren fortschrittlichen Landkreis. Wir sehen viele Ankündigungen und viel zu wenig Konkretes. Gespickt von „Wollen“ statt „Werden“ können wir keine Unterstützung erwarten. Es wurden die alten Kamellen aus der letzten Wahlperiode wieder aufgewärmt“, so die beiden Abgeordneten. „Überall brennt‘s und Söder setzt auf „Weiterwurschteln.“
Das größte Manko sehen die beiden Abgeordneten bei der Energiewende. „Wieder fehlen die Bürgschaften für die Geothermie. Dabei haben wir es wiederholt vorgerechnet: Geothermie hätte das Zeug, zum Game-Changer im Landkreis zu werden, Kommunen von Kirchheim über Haar bis Grasbrunn stehen in den Startlöchern, 40% des Wärmebedarfs könnten gedeckt werden. Bohrungen und Wärmenetze müssen aber finanziert werden. Nichts dazu steht im Koalitionsvertrag. Wie soll das funktionieren?“, so Claudia Köhler. Ebenso fehlt ein Bekenntnis zum Ausbau der Windkraft.
Ein großes Fragezeichen sehen Köhler und Dr. Büchler bei den Forschungseinrichtungen im Landkreis. „Erst soll der Campus Luft- und Raumfahrt von Ottobrunn/Taufkirchen an den Flughafen ziehen, jetzt ist er in Garching ausgelagert und der Koalitionsvertrag schwadroniert von einem Kontrollzentrum für Mondmissionen. Von was träumt Söder nachts?“, fragt Köhler. Marode Hochschulen müssten dringend saniert und neue Standorte wie der Campus in Ottobrunn schnellstens erweitert werden. Leider Fehlanzeige im Koalitionsvertrag.
Lob haben die beiden Abgeordneten für den angekündigten Kurswechsel in der Asylpolitik, denn Geflüchtete mit Arbeit oder Ausbildungsvertrag sollen nicht mehr abgeschoben werden. „Dies ist eine gute Nachricht für unsere Unternehmen im Landkreis und eine langjährige Forderung von uns“, so Köhler. „Hunderte Geflüchtete arbeiten im Landkreis München, zahlen Steuern und Rentenbeiträge; die Staatsregierung hat ihnen bisher Prügel zwischen die Füße geworfen, wo es nur ging, Arbeitsgenehmigungen entzogen und alle Hebel in Bewegung gesetzt, tüchtige Leute abzuschieben.“
Leider fehlt immer noch eine Stärkung der Behörden, um ausländische Qualifikationen schneller anzuerkennen. „Gerade im Landkreis München suchen wir neben Hilfskräften auch Kräfte mit akademischen Abschlüssen. Die Anträge liegen jedoch stapelweise bei der Regierung von Oberbayern, kritisert Büchler.
Als grünen Erfolg sehen Dr. Büchler und Köhler die versprochene Einführung des Wassercents. „Aber eine Stärkung der Behörden für den Trinkwasserschutz vermissen wir.“
Äußerst kritisch sehen die beiden Abgeordneten die plakative Ankündigung von Steuersenkungen. „Wir fragen uns, wo denn dann eingespart werden soll?“ Zudem würde damit automatisch die Summe des Anteils der Kommunen am Gesamtsteuerverbund noch kleiner. „Manche Kommunen im Landkreis knapsen schon jetzt, das würde die Situation weiter verschärfen.“ Stattdessen bräuchte es eine Investitionsoffensive für die Infrastruktur sowie eine Modernisierung der Schuldenbremse. Ohne zeitgemäße Infrastruktur für Digitales, Energie und Mobilität bleibt unsere Wirtschaft hinter ihren Möglichkeiten.“
Weitere Versprechungen aus dem Wahlkampf waren die Mittel für Schwimmbadsanierungen und für Feuerwehrhäuser. „Im Vertrag steht nichts. Da bin ich sehr gespannt auf den Haushaltsentwurf.“ Und bei dem Bayerischen Zentrum für Besondere Einsatzlagen in Windischeschenbach dürfe es nicht bleiben, so die Haushaltspolitikerin. „Ganz Bayern braucht hier Vorsorge. Gescheiter wäre, endlich die von uns vorgeschlagene Task Force für die FüGK (Führungsgruppe Katastrophenschutz) umzusetzen, die die Landratsämter auf den Ernstfall vorbereiten könnte.“
Weitere Ankündigungen aus dem Wahlkampf vermissen die Abgeordneten und kündigen an, spätestens zu den Haushaltsberatungen nachzufassen: Auskömmliche Mittel für Musikschulen, für das virtuelle Kinderkrankenhaus sowie für die erfolgreiche Berufseinstiegsbegleitung braucht es dringend schon 2024. „Hier genügt uns ein „Wollen“ nicht, hier muss es ein „Machen“ werden!“
Auch die angeblich 6.000 neue Stellen für Lehrkräfte, gerade für die Schulen im Landkreis so wichtig, bezweifeln Köhler und Büchler. Denn an anderer Stelle stehe im Vertrag, dass neues Personal möglichst durch Umschichtungen möglich werden solle. „Das passt nicht ganz zusammen.“
Dieser Koalitions-Vertrag ist bei der für uns im Landkreis so wichtigen Verkehrswende ein Rückschritt! Anstatt auf einen klaren ÖPNV-Ausbau in der Fläche zu setzen, wollen CSU und FW am Straßenausbau festhalten, eFuels anwenden und Wasserstoffzüge erproben. In den Augen von Büchler sind das „faktenbefreite Nebelkerzen ohne verkehrspolitischen Nutzen. Die DB und der Bund wird die Nahverkehrsstrecken nicht von alleine modernisieren, denn hier liegt die Zuständigkeit auf Landesebene. Hier muss Bayern selbst initiativ werden, planen, mitfinanzieren und aktiv die vorhandenen Mittel vom Bund einholen“, erklärt Büchler.
Und auch das vermurkste 29-Euro Deutschlandticket soll nur überprüft werden, anstatt es gleich auch für Schülerinnen und Schüler anzubieten. Dr. Markus Büchler: „Der Ticket-Dschungel, den die CSU für die Schülerbeförderung angerichtet hat, ist ungerecht und selbst für Fachleute schwer durchschaubar. Deshalb sollten einfach alle jungen Menschen das 29-Euro-Deutschlandticket bekommen, in ganz Bayern“.
„Die Koalition von Söder und Aiwanger bleibt in der Vergangenheit verhaftet und schadet mit aus der Zeit gefallenen Entscheidungen und Faktenabstinenz der Zukunft Bayerns und unserer Kinder“, so Dr. Markus Büchler.
Köhler, die weiterhin Mitglied im Haushaltsausschuss bleiben möchte: „Keine klaren Aussagen, alles wischiwaschi. Ich fürchte, da werden wir auch im Haushaltsentwurf nicht mehr sehen. Aber keine Sorge, unsere Fraktion verliert diese wichtigen Themen nicht aus dem Auge und wird konkrete Anträge stellen.“
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