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Bay­ern reicht Bun­des­gel­der für Inte­gra­ti­on nicht an Kom­mu­nen weiter

Grü­ne Abge­ord­ne­te Clau­dia Köh­ler: Staats­re­gie­rung blo­ckiert Anstren­gun­gen der Ehren­amt­li­chen und Verwaltungen

Die Betreu­ungs­ab­ge­ord­ne­te im Baye­ri­schen Land­tag für den Land­kreis Rosen­heim Clau­dia Köh­ler und Kreis­rä­tin Mar­ti­na Thal­mayr wer­fen der Staats­re­gie­rung eine Blo­cka­de der Anstren­gun­gen für Inte­gra­ti­on im Land­kreis vor.

Der Hin­ter­grund: Ukrai­ni­sche Geflüch­te­te kön­nen durch den soge­nann­ten Rechts­kreis­wech­sel in der Regel Grund­si­che­rungs­leis­tun­gen nach dem Zwei­ten Sozi­al­ge­setz­buch bezie­hen. Damit erhöht sich der Regel­satz ihrer Unter­stüt­zung, es wer­den Kos­ten für ihre Unter­kunft über­nom­men und sie wer­den in die gesetz­li­chen Kran­ken­kas­sen auf­ge­nom­men. Dies ist eine kon­se­quen­te Fort­set­zung der Rechts­stel­lung von Men­schen aus der Ukrai­ne, die in Deutsch­land kei­nen Asyl­an­trag stel­len, son­dern ihren Auf­ent­halts­sta­tus in Deutsch­land über den tem­po­rä­ren Flücht­lings­schutz des Para­gra­fen 24§ Auf­ent­halts­ge­setz bekommen.

Nach Infor­ma­tio­nen und Hoch­rech­nun­gen geht man im Land­kreis Rosen­heim von mind. 2.300 Men­schen aus, die aus der Ukrai­ne in den Land­kreis gekom­men sind. Die Zah­len der Geflüch­te­ten aus ande­ren Län­dern stei­gen der­zeit wei­ter­hin, nach dem ver­hee­ren­den Erd­be­ben in der Tür­kei und Syri­en wird mit wei­te­ren Flucht­be­we­gun­gen gerech­net. Kom­mu­nen und Land­krei­se in Bay­ern stöh­nen, dass sie trotz knap­per Haus­hal­te allei­ne für die Ver­sor­gungs­kos­ten der Geflüch­te­ten auf­kom­men müs­sen. Die baye­ri­sche Lan­des­re­gie­rung dage­gen schiebt in Debat­ten und For­de­run­gen das The­ma gern trotz ihrer Zustän­dig­keit auf die Bundesebene.

Köh­ler hat nach meh­re­ren Not­ru­fen aus dem Kom­mu­nen nun genau nach­ge­fragt und erstaun­li­che Fak­ten erfah­ren: Der Bund hat den Län­dern bereits 2 Mrd Euro zuge­sagt, davon allein 555 Mio. € für Bay­ern, plus 55 Mio. € für die Unter­brin­gung unbe­glei­te­ter min­der­jäh­ri­ger Geflüchteter.

Die­se expli­zit für die Ent­las­tung der Kom­mu­nen bereit­ge­stell­ten Mit­tel sind von der baye­ri­schen Lan­des­re­gie­rung jedoch nur unzu­rei­chend an die Kom­mu­nen wei­ter­ge­lei­tet wor­den. Dies sorgt vor Ort für Span­nun­gen und Finanznöte.

Clau­dia Köh­ler: „Bay­ern hat min­des­tens 79 Mio Euro bereits im Janu­ar abge­ru­fen und bis­her nichts davon an die Kom­mu­nen wei­ter­ge­lei­tet, völ­lig ver­ant­wor­tungs­los! Das Geld vom Bund fließt also, aber Bay­ern muss es end­lich weitergeben!“

Wie sich bei den Recher­chen her­aus­stell­te, hat Bay­ern sogar ein Gesetz auf den Weg gebracht, bevor die Mit­tel wei­ter­ge­ge­ben wer­den kön­nen. Nach einer ers­ten Lesung im Land­tag im alten Jahr ist jedoch nichts mehr pas­siert. „Ande­re Bun­des­län­der schaf­fen die Wei­ter­lei­tung der Mit­tel auch ohne zusätz­li­ches Gesetz. Aber Büro­kra­tie als CSU-Ver­schlep­pungs­tak­tik, das ken­nen wir ja aus der baye­ri­schen Inte­gra­ti­ons­po­li­tik. Unter­neh­men und Hel­fer­krei­se kön­nen ein Lied davon singen.“

Die Kreis­rä­tin Mar­ti­na Thal­mayr wirft der bis­he­ri­gen Regie­rung in Bay­ern vor, den sozia­len Zusam­men­halt damit bewusst zu gefähr­den. „Land­krei­se und Gemein­den schuf­ten und machen sich per­ma­nent Gedan­ken, wie sie die Men­schen gut unter­brin­gen und ver­sor­gen kön­nen und alles, was dem Minis­ter­prä­si­den­ten ein­fällt, ist Ver­zö­ge­rung, Gejam­mer und Bürokratie.“

Köh­ler berich­tet, sie habe jede Woche min­des­tens zwei Fäl­le von Geflüch­te­ten auf dem Tisch, denen die Arbeits­ge­neh­mi­gung nicht erteilt oder gar nach Jah­ren unter faden­schei­ni­gen Grün­den ent­zo­gen wird. Von der Pfle­ge­kraft über Ärz­te bis zu Per­so­nal in der Gas­tro­no­mie — vie­le war­ten mona­te­lang auf einen Bescheid. In der Regie­rung von Ober­bay­ern sta­peln sich die Anträ­ge, Aner­ken­nungs­ver­fah­ren von aus­län­di­schen Zeug­nis­sen und Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren dau­ern ewig. Und gleich­zei­tig wur­den unse­re Haus­halts­an­trä­ge für mehr Stel­len für Aus­län­der­äm­ter und Aner­ken­nungs­stel­len von der CSU im Land­tag abgelehnt.“

Die bei­den Poli­ti­ke­rin­nen for­dern einen Sin­nes­wan­del: „Es ist eine poli­ti­sche Ent­schei­dung der Lan­des­re­gie­rung, dass sie die­se Gel­der nicht an die Kom­mu­nen wei­ter­lei­tet. Der Minis­ter­prä­si­dent muss, statt auf Ber­lin zu schimp­fen, end­lich sei­ne Haus­auf­ga­ben machen.“

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