Dr. Frauke Schwaiblmair, Bezirksrätin und Inklusionsbeauftragten des Bezirks Oberbayern (mit Mikrofon) Fotos: Andreas Gebert

Bar­rie­re­frei­heit finanzieren!

Bar­rie­re­frei­heit finanzieren!

Ver­bän­de und Betrof­fe­ne dis­ku­tier­ten mit den Abge­ord­ne­ten Kers­tin Celi­na und Clau­dia Köhler

Die Heil­päd­ago­gi­sche Tages­stät­te der Lebens­hil­fe Mün­chen für Kin­der mit Behin­de­run­gen war per­fek­te Ort für eine Dis­kus­si­on zum The­ma Bar­rie­re­frei­heit, zu der die Abge­ord­ne­ten Kers­tin Celi­na und Clau­dia Köh­ler gela­den hatten.

Gäs­te von Gehör­lo­sen­or­ga­ni­sa­tio­nen, Behin­der­ten­bei­rä­te des Land­krei­ses, Vertreter*innen von Senio­ren­bei­rä­ten, dem Blin­den­in­sti­tut, einem Eltern­bei­rat, Psych­ia­trie­er­fah­re­ne und vie­le Inter­es­sier­te dis­ku­tier­ten mit den Abge­ord­ne­ten und Tho­mas Ban­n­asch, Lan­des­ge­schäfts­füh­rer der LAG Selbst­hil­fe Bay­ern, Dach­or­ga­ni­sa­ti­on von der­zeit 110 Selbst­hil­fe­ver­bän­den, sowie der Bezirks­rä­tin und Inklu­si­ons­be­auf­trag­ten des Bezirks Ober­bay­ern Dr. Frau­ke Schwaiblmair über die Finan­zie­rung von Bar­rie­re­frei­heit und die Vor­aus­set­zung von ech­ter Teil­ha­be für alle.

Mit von der Par­tie war nicht nur Hol­ger Kie­sel, Beauf­trag­ter der Baye­ri­schen Staats­re­gie­rung für Men­schen mit Behin­de­rung, son­dern auch zahl­rei­che gehör­lo­se Men­schen, dar­un­ter Can Sipahi, 1. Vize­vor­sit­zen­der des Gehör­lo­sen­ver­ban­des Mün­chen und Umge­bung (GMU) und die Geschäfts­füh­re­rin Cor­ne­lia von Pappenheim.

Kers­tin Celi­na hat­te im Vor­feld zwei Gebär­den­dol­met­sche­rin­nen und die Ver­schrift­li­chung von Wort­bei­trä­gen zum Ver­ständ­nis orga­ni­siert. Einem Dis­ku­tan­ten woll­te Köh­ler das Mikro­fon rei­chen und hat­te gar nicht bemerkt, dass er gehör­los ist. „Da ist mir rich­tig auf­ge­fal­len, dass bei ent­spre­chen­der Infra­struk­tur, also tech­ni­scher Aus­stat­tung und Hilfs­mit­teln, kei­ne Unter­schie­de zwi­schen uns bestehen und alle der Dis­kus­si­on fol­gen und leb­haft mit­dis­ku­tie­ren kön­nen. Das wäre alles, was es braucht, aber es muss halt bezahlt wer­den“, so Köh­ler.

Von „Bay­ern bar­rie­re­frei“, wie es einst für 2023 ange­kün­digt war, sei man noch mei­len­weit ent­fernt, so Kers­tin Celi­na, MdL. „Pas­siert ist nichts – außer pla­ka­ti­ven Aktio­nen. Kei­ne zusätz­li­chen Haus­halts­mit­tel, kei­ne kon­zer­tier­ten Aktio­nen, kei­ne Gre­mi­en mit Men­schen mit Behin­de­rung, kein Plan, kei­ne Zie­le, kaum Mess­in­stru­men­te.“ Die stell­ver­tre­ten­de Vor­sit­zen­de im Haus­halts­aus­schuss Köh­ler meint: „Eine gro­ße Offen­si­ve fehlt in allen Berei­chen. Per­so­nal an Schu­len und Behör­den, der Aus­bau der Bahn­hö­fe, Zuschüs­se für Kom­mu­nen, Kin­der­be­treu­ungs­ein­rich­tun­gen, Den­ken an Inklu­si­on schon bei der Pla­nung von Wohn­raum. Oft wäre es gar nicht so teu­er, z.B. die behin­der­ten­ge­rech­te Arbeits­platz­aus­stat­tung von Arbeits­plät­zen in den Ministerien.“

Der größ­te Auf­schlag der Grü­nen ist der­zeit die For­de­rung nach einem ech­ten Gehör­lo­sen­geld – ähn­lich dem Blin­den­geld. „Kom­mu­ni­ka­ti­on ist eine zen­tra­le Vor­aus­set­zung für gesell­schaft­li­che Teil­ha­be. Gehör­lo­se sind von der all­täg­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­on völ­lig aus­ge­schlos­sen, wenn sie nicht in tech­ni­sche Gerä­te, Gebärdensprachdolmetscher*innen oder Schriftdolmetscher*innen pri­vat inves­tie­ren“, so Kers­tin Celi­na. „Nicht jeder kann sich das leis­ten. Des­halb ist die Ein­füh­rung eines Gehör­lo­sen­gel­des nach dem Vor­bild Hes­sens auch in Bay­ern not­wen­dig.“ Für Bay­ern wür­de ein aus­rei­chen­des Gehör­lo­sen­geld für alle
15.000 Betrof­fe­ne ca. 25,5 Mio Euro kos­ten, die Grü­ne Frak­ti­on hat einen ent­spre­chen­den Geset­zes­ent­wurf eingebracht.

Köh­ler nennt einen wei­te­ren Aspekt: „Uns feh­len in allen Berei­chen Fach­kräf­te. Es ist volks­wirt­schaft­li­cher Unsinn, Men­schen mit Behin­de­run­gen nicht noch viel mehr im Arbeits­markt will­kom­men zu hei­ßen  und ein Bud­get für die behin­der­ten­ge­rech­te Arbeits­platz­aus­stat­tung zu schaffen.“

Eine wei­te­re For­de­rung der Grü­nen Frak­ti­on ist die Ein­füh­rung der Gebär­den­spra­che als Wahl­pflicht­fach an den Schu­len, damit die Kom­mu­ni­ka­ti­on unter­ein­an­der auch ohne Gebärdendolmetscher*innen mög­lich wird. „Das wür­de fast nichts kos­ten und doch Teil­ha­be und gemein­sa­me Kom­mu­ni­ka­ti­on von Kin­des­bei­nen an ermög­li­chen“, so Celi­na.

Für die Wahl­frei­heit bei Arbeit und Woh­nen, für Bar­rie­re­frei­heit im öffent­li­chen Raum muss noch viel getan wer­den, war sich die Run­de einig. „Es wäre zum Wohl der gan­zen Gesellschaft.“

 

 

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