Es hätte ein schöner Tag am Alpenrand werden können. Blauer Himmel, saftiges Frühlingsgrün und alpenländische Architektur, doch der markante Kamm der Kampenwand blieb unerreichbar. Der Besuchergruppe, die sich im Rahmen von Sabine Weigands Denkmaltour zur Besichtigung der Kampenwandbahn eingefunden hatte, wurde von der Eigentümerfamilie überraschend Hausverbot erteilt. Der gemietete Protest mit Trillerpfeifen und Transparenten auf den Stufen der Talstation verlor damit auch seine Wirkung, weil so die Anzusprechenden nicht in Kontakt kommen konnten.
Eingeladen hatten Dr. Sabine Weigand, denkmalpolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion, und MdL-Kollegin Claudia Köhler, Betreuungsabgeordnete der Grünen für den Landkreis Rosenheim und Mitglied im Haushaltsausschuss. Zusammen mit Georg Antretter, Journalist beim BR und Ortschronist von Aschau im Chiemgau, hatten sie rund ums das Thema Bergbahn Presse, Experten und Interessierte zusammengebracht.
Die Inhaberfamilie Zbil möchte die seit über 66 Jahren bestehende Kampenwandbahn abreißen und neu bauen, mit dreifach höherer Kapazität und barrierefrei. Dafür hat sie „seit Jahren“ das Baurecht von der Gemeinde und vom Landratsamt. Es gibt auch eine Förderzusage von Wirtschaftsminister Aiwanger; die Rede ist von 10 Mio Euro, etwa einem Drittel der Bausumme. Doch bedauerlicherweise fanden die bisherigen Planungen praktisch ohne Einbindung der Öffentlichkeit statt. Das kritisiert Antretter deutlich und wird dabei von Gemeinderat Wolf Neelsen unterstützt.
Kreisbaumeister a.D. Alois Jurascheck berichtet, zweimal um Prüfung der Denkmalwürdigkeit nachgesucht zu haben, doch das Landesamt für Denkmalpflege habe nicht einmal einen Besichtigungstermin vor Ort vorgenommen. Das sei besonders bedauerlich, da das 3‑Seil-System der Kampenwandbahn weltweit einzigartig sei. Die Architektin Stefania Peter (Riedering) betonte den architektonischen Wert von Berg- und Talstationen, die den Geist der 50er Jahre atmen und kein Vergleich sind zu den gesichtslosen Betonkörpern aktueller Bergbahnneubaten. Sie warnte davor, den Denkmalschutz als „Käseglocke“ zu verstehen.
Sabine Weigand betonte, dass mit der Kampenwandbahn ein identitätsstiftendes Wahrzeichen Aschaus und die ortsprägende Visitenkarte der gesamten Region Chiemgau verloren gehen würde. „Die Denkmalwürdigkeit muss zumindest in einem ordentlichen Verfahren geprüft werden, aber natürlich muss auch die weitere Nutzung eines technischen Denkmals gewährleistet werden. Eine Mumifizierung ist keine Lösung.“
Der Schweizer Bergbahnexperte Karl Garaventa weist auf den großen wirtschaftlichen Erfolg von Nostalgiebahnen hin. In der Schweiz wurden einige Bergbahnen saniert und im historisierenden Stil mit Riesenerfolg weiterbetrieben. Das wäre eine Lösung, die sich der Unternehmer auch für die Kampenwand vorstellen kann.
„Der springende Punkt bei der Durchführung eines derartigen Vorhabens sind die Finanzen“, so Claudia Köhler.
Es sei nicht einsehbar, dass Fördergelder lediglich für einen Neubau gewährt werden. Sanierung und Bauen im Bestand ist immer umweltschonender, oft günstiger und meist wirtschaftlich genauso erfolgreich.
“Unsere Förderpraxis muss auf den Prüfstand und an die Erfordernisse der Zeit angepasst werden.“
„Was ist heute mitnehme“, zog Sabine Weigand ihr Fazit, „ist, dass der Unternehmerfamilie höchste Wertschätzung für den Betrieb und Erhalt dieser Bahn über Jahrzehnte gebührt. Selbstverständlich muss auch eine Modernisierung wirtschaftlichen Gewinn ermöglichen. Ich würde mich sehr freuen, wenn der Dialog mit allen Beteiligten doch noch in Gang käme und ich bin mir sicher, dass die Hochachtung für den Unternehmer noch größer wäre, wenn es ihm gelänge, den Charme dieser Bahn aus der Pionierzeit des Alpentourismus zu erhalten.“
Medienecho:
Kampenwandbahn: Gericht kippt Genehmigung für den Neubau — Rosenheim 24
Gondelkampf an der Kampenwand- MM
Kampenwandbahn als Denkmal? — OVB
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