Diskussion mit dem Schweizer Bergbahnexperten Karl Garaventa (l.) und Vertreter*innen der Presse. Foto: Jana Raspotnig

Denk­mal­schutz­tour mit Dr. Sabi­ne Weig­and — lei­der nicht auf die Kampenwand

v.l.: Georg Antret­ter, Valen­tin Weigel, Clau­dia Köh­ler, Sabi­ne Weigand

Es hät­te ein schö­ner Tag am Alpen­rand wer­den kön­nen. Blau­er Him­mel, saf­ti­ges Früh­lings­grün und alpen­län­di­sche Archi­tek­tur, doch der mar­kan­te Kamm der Kam­pen­wand blieb uner­reich­bar. Der Besu­cher­grup­pe, die sich im Rah­men von Sabi­ne Weig­an­ds Denk­mal­tour zur Besich­ti­gung der Kam­pen­wand­bahn ein­ge­fun­den hat­te, wur­de von der Eigen­tü­mer­fa­mi­lie über­ra­schend Haus­ver­bot erteilt. Der gemie­te­te Pro­test mit Tril­ler­pfei­fen und Trans­pa­ren­ten auf den Stu­fen der Tal­sta­ti­on ver­lor damit auch sei­ne Wir­kung, weil so die Anzu­spre­chen­den nicht in Kon­takt kom­men konnten.

Ein­ge­la­den hat­ten Dr. Sabi­ne Weig­and, denk­mal­po­li­ti­sche Spre­che­rin der Grü­nen Land­tags­frak­ti­on, und MdL-Kol­le­gin Clau­dia Köh­ler, Betreu­ungs­ab­ge­ord­ne­te der Grü­nen für den Land­kreis Rosen­heim und Mit­glied im Haus­halts­aus­schuss. Zusam­men mit Georg Antret­ter, Jour­na­list beim BR und Orts­chro­nist von Aschau im Chiem­gau, hat­ten sie rund ums das The­ma Berg­bahn Pres­se, Exper­ten und Inter­es­sier­te zusammengebracht.

Die Inha­ber­fa­mi­lie Zbil möch­te die seit über 66 Jah­ren bestehen­de Kam­pen­wand­bahn abrei­ßen und neu bau­en, mit drei­fach höhe­rer Kapa­zi­tät und bar­rie­re­frei. Dafür hat sie „seit Jah­ren“ das Bau­recht von der Gemein­de und vom Land­rats­amt. Es gibt auch eine För­der­zu­sa­ge von Wirt­schafts­mi­nis­ter Aiwan­ger; die Rede ist von 10 Mio Euro, etwa einem Drit­tel der Bau­sum­me. Doch bedau­er­li­cher­wei­se fan­den die bis­he­ri­gen Pla­nun­gen prak­tisch ohne Ein­bin­dung der Öffent­lich­keit statt. Das kri­ti­siert Antret­ter deut­lich und wird dabei von Gemein­de­rat Wolf Neelsen unterstützt.

Kreis­bau­meis­ter a.D. Alo­is Jura­scheck berich­tet, zwei­mal um Prü­fung der Denk­mal­wür­dig­keit nach­ge­sucht zu haben, doch das Lan­des­amt für Denk­mal­pfle­ge habe nicht ein­mal einen Besich­ti­gungs­ter­min vor Ort vor­ge­nom­men. Das sei beson­ders bedau­er­lich, da das 3‑Seil-Sys­tem der Kam­pen­wand­bahn welt­weit ein­zig­ar­tig sei. Die Archi­tek­tin Ste­fa­nia Peter (Rie­de­ring) beton­te den archi­tek­to­ni­schen Wert von Berg- und Tal­sta­tio­nen, die den Geist der 50er Jah­re atmen und kein Ver­gleich sind zu den gesichts­lo­sen Beton­kör­pern aktu­el­ler Berg­bahn­neu­ba­ten. Sie warn­te davor, den Denk­mal­schutz als „Käse­glo­cke“ zu verstehen.

Sabi­ne Weig­and beton­te, dass mit der Kam­pen­wand­bahn ein iden­ti­täts­stif­ten­des Wahr­zei­chen Aschaus und die orts­prä­gen­de Visi­ten­kar­te der gesam­ten Regi­on Chiem­gau ver­lo­ren gehen wür­de. „Die Denk­mal­wür­dig­keit muss zumin­dest in einem ordent­li­chen Ver­fah­ren geprüft wer­den, aber natür­lich muss auch die wei­te­re Nut­zung eines tech­ni­schen Denk­mals gewähr­leis­tet wer­den. Eine Mumi­fi­zie­rung ist kei­ne Lösung.“

Der Schwei­zer Berg­bahn­ex­per­te Karl Gara­ven­ta weist auf den gro­ßen wirt­schaft­li­chen Erfolg von Nost­al­gie­bah­nen hin. In der Schweiz wur­den eini­ge Berg­bah­nen saniert und im his­to­ri­sie­ren­den Stil mit Rie­sen­er­folg wei­ter­be­trie­ben. Das wäre eine Lösung, die sich der Unter­neh­mer auch für die Kam­pen­wand vor­stel­len kann.

„Der sprin­gen­de Punkt bei der Durch­füh­rung eines der­ar­ti­gen Vor­ha­bens sind die Finan­zen“, so Clau­dia Köhler.
Es sei nicht ein­seh­bar, dass För­der­gel­der ledig­lich für einen Neu­bau gewährt wer­den. Sanie­rung und Bau­en im Bestand ist immer umwelt­scho­nen­der, oft güns­ti­ger und meist wirt­schaft­lich genau­so erfolgreich.
“Unse­re För­der­pra­xis muss auf den Prüf­stand und an die Erfor­der­nis­se der Zeit ange­passt werden.“

 

„Was ist heu­te mit­neh­me“, zog Sabi­ne Weig­and ihr Fazit, „ist, dass der Unter­neh­mer­fa­mi­lie höchs­te Wert­schät­zung für den Betrieb und Erhalt die­ser Bahn über Jahr­zehn­te gebührt. Selbst­ver­ständ­lich muss auch eine Moder­ni­sie­rung wirt­schaft­li­chen Gewinn ermög­li­chen. Ich wür­de mich sehr freu­en, wenn der Dia­log mit allen Betei­lig­ten doch noch in Gang käme und ich bin mir sicher, dass die Hoch­ach­tung für den Unter­neh­mer noch grö­ßer wäre, wenn es ihm gelän­ge, den Charme die­ser Bahn aus der Pio­nier­zeit des Alpen­tou­ris­mus zu erhalten.“

Medi­en­echo:

Kam­pen­wand­bahn: Gericht kippt Geneh­mi­gung für den Neu­bau — Rosen­heim 24

Gon­del­kampf an der Kam­pen­wand- MM

Kam­pen­wand­bahn als Denk­mal? — OVB

Streit an der Kam­pen­wand­bahn eska­liert: Land­tags­ab­ge­ord­ne­te bekom­men Haus­ver­bot ‑OVB-online

 

 

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