Endlich hat es auch Herr Söder eingesehen und verkündet: „Weg von der Straße, hin zur Arbeit“. Alle Flüchtlinge in Asylverfahren sollen nach dem dritten Monat arbeiten dürfen — so die Überschriften.
Ich kann nur aufstöhnen. Denn es handelt sich um nichts mehr als die gültige Gesetzeslage, an die sich der Ministerpräsident mit der Staatsregierung von nun an offensichtlich halten will. Ist das eine Meldung wert?
Im Bundesgesetz ist seit August 2015 festgelegt: Flüchtlinge mit einer Aufenthaltsgestattung sind in den ersten drei Monaten ihres Aufenthalts in Deutschland vollständig vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Ab dem vierten Monat haben sie einen abgestuften Zugang zum Arbeitsmarkt und zu bestimmten Beschäftigungen. Erst nach vier Jahren Aufenthalt können sie jede Beschäftigung aufnehmen. Geflüchtete mit Duldung unterliegen in den ersten drei Monaten nach Erteilung der Duldung zwar keinem Arbeitsverbot, allerdings muss die Ausländerbehörde nach ihrem Ermessen zustimmen. Auch hier gilt eigentlich, dass sie ab dem vierten Monat einen abgestuften erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt und zu bestimmten Beschäftigungen haben.
Doch in Bayern wurde diese Ermessensgrundlage so ausgelegt, dass viele Geflüchtete lange weiterhin keine Arbeitserlaubnis bekamen bzw. nicht weiterarbeiten durften. Unternehmen, Behörden und Helferkreise waren jahrelang damit beschäftigt, die bürokratischen Hürden, die Interventionen und Verbote abzuwehren. Ich weiß, wovon ich spreche. Allein in meinem Asylhelferkreis in Unterhaching konnte ich 130 Mal Arbeit vermitteln. Nicht die Hälfte der Leute, die bereits Steuern und Sozialabgaben bezahlt hatten, durfte weiterarbeiten — zum Nichtstun verdammt!
Als Landtagsabgeordnete bekomme ich fast wöchentlich Rückmeldungen und Bitten um Hilfe, dass Mitarbeitende weiterarbeiten dürfen. Selbstverständlich kümmere ich mich, schreibe an Ministerien und Behörden und an den Integrationsbeauftragten. Wohlgemerkt in Fällen, um die wir uns eigentlich gar nicht kümmern müssten, weil alles laufen würde, wenn Bayern die Menschen weiterarbeiten lassen würden.
Ich hoffe, dass Herr Söder der Ankündigung nun Taten folgen lässt. Momentan schaut es für mich noch nicht danach aus. Auch aktuell wenden sich Unternehmer*innen und Arbeitnehmer*innen an mich, weil Arbeitserlaubnisse entzogen oder nicht gegeben wurden.
“Die Rechtslage seit 9 Jahren ist eindeutig: Geflüchtete dürfen arbeiten. Aber der ablehnende Kurs der Staatsregierung hat nicht nur den Flüchtlingen mögliche berufliche Perspektiven verbaut, es hat die der Gesellschaft Millionen gekostet, und das beim Mangel an Arbeitskräften in nahezu allen Bereichen.”
Unternehmen suchen händeringend nach Arbeitskräften. Geflüchtete bringen oft jahrelange Berufserfahrung und wertvolles Wissen, fast immer höchstes Engagement und die Hoffnung, mit Fleiß ein besseres Leben für sich und ihre Familien zu bekommen, mit. All das würde unsere Wirtschaft stärken, wir brauchen dringend Arbeitskräfte in fast allen Berufen.
Der zweite Teil der Ankündigung des Ministerpräsidenten lässt jedoch aufhorchen:
Alle sollen arbeiten dürfen oder gemeinnützig zu Arbeiten eingeteilt werden. Aha, also am liebsten Arbeit für 80 Cent die Stunde? Höre ich Populismus oder gar Niedertracht? Gemeinnützige Arbeitsplätze, sog. Arbeitsgelegenheiten ähnlich 1‑Euro-Jobs gibt es bei Kommunen und öffentlichen Institutionen, sie sind aber schwer zu finden. Der Freistaat Bayern möchte nun 5000 solcher Stellen definieren, etwa in Kantinen bayerischer Behörden oder in staatlichen Gärten.
Ich meine: “Warum extra neue gemeinnnützige Stellen definieren? Die Wirtschaft sucht Arbeitskräfte, die Geflüchteten suchen Arbeit. Hier zu vermitteln, muss unsere Aufgabe und Anstrengung sein. Dann können diese Menschen nicht nur langfristig für sich selbst sorgen, sondern zahlen auch in die Sozialsysteme ein. So gelänge Integration!”
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