Claudia Köhler (in heller Jacke) diskutiert mit den Landwirten vor dem Veranstaltungssaal

Bau­ern­pro­tes­te beim poli­ti­schen Ascher­mitt­woch mit Clau­dia Köh­ler und Susan­na Tau­send­freund in Schäftlarn

Gemein­de­rä­tin Rena­te Gras­se aus Pul­lach hat die Dis­kus­si­on beim poli­ti­schen Ascher­mitt­woch in Wor­te gefasst:

Von der Kon­fron­ta­ti­on zum Dialog

Frisch über die Vor­gän­ge beim poli­ti­schen Ascher­mitt­woch in Biber­ach infor­miert fuh­ren wir zu „unse­rem“ grü­nen Ascher­mitt­woch im Klos­ter­st­überl in Schäft­larn. Auch da stan­den Trak­to­ren, aber sie park­ten. Es stan­den kei­ne Per­so­nen her­um, die uns erkenn­bar auf­hal­ten oder gar beschimp­fen wollten.
Was war passiert?
Die Land­wir­te hat­ten mit den Trak­to­ren die Zufahrt zum Klos­ter­st­überl ver­sperrt. Clau­dia Köh­ler und Lud­wig Irm­er, der grü­ne Orts­vor­sit­zen­de von Schäft­larn, schlu­gen den Land­wir­ten vor, mit in den Ver­an­stal­tungs­raum zu kom­men. Die Land­wir­te stell­ten die Moto­ren ihrer Trak­to­ren ab und nah­men das Ange­bot an.

So saßen nun im dicht besetz­ten Ver­an­stal­tungs­raum auf der einen Sei­te etwa 20 Land­wir­te, ihnen gegen­über in der „grü­nen Ecke“ mehr als 30 grü­ne oder grün-nahe Gäs­te, in der Mit­te Clau­dia Köh­ler und Susan­na Tau­send­freund.

Kri­tik der Land­wir­te: zu viel Büro­kra­tie, kei­ne Planungssicherheit

Clau­dia Köh­ler bedank­te sich bei den Land­wir­ten für ihre Gesprächs­be­reit­schaft. Sie sprach die Pro­ble­me an, die nach dem Gerichts­ur­teil durch die im Haus­halt feh­len­den 60 Mil­li­ar­den ent­stan­den sind. Wich­tig sei nun, gute Lösun­gen zu fin­den, und die wer­den nur gemein­sam, im Gespräch und im Kom­pro­miss ent­wi­ckelt. Sie kri­ti­sier­te eine Poli­tik, die nur die Pro­ble­me und die ver­meint­lich Schul­di­gen betont, aber nicht lösungs­ori­en­tiert ist. Der Spre­cher der Land­wir­te beschrieb aus­führ­lich, sach­lich und nach­voll­zieh­bar die Per­spek­ti­ve der Bau­ern: Stän­di­ge Ände­run­gen in den Vor­schrif­ten in kur­zen Abstän­den, so dass sich Inves­ti­tio­nen z.B. in bes­se­re Tier­hal­tung nicht lohn­ten. Unrea­lis­ti­sche Vor­ga­ben für den Anbau und lau­fend neue büro­kra­ti­sche Anfor­de­run­gen. Die Strei­chung der Steu­er­erleich­te­run­gen für Agrar­die­sel habe nur das Fass zum Über­lau­fen gebracht. Clau­dia Köh­ler zeig­te Ver­ständ­nis, mein­te aber: auf die­sem Fass der Kla­gen müss­te groß und breit ste­hen: „30 Jah­re CSU-Landwirtschaftspolitik“.

Viel Unmut bei den Land­wir­ten erzeugt auch die Men­ge an Ge- und Ver­bo­ten. „Ich weiß doch sel­ber, wann es der Kuh gut geht, und wenn es ihr gut geht, gibt sie auch mehr Milch“, so ein Land­wirt sinn­ge­mäß. Clau­dia Köh­ler kon­ter­te: Nur mit Frei­wil­lig­keit und ohne jede Ord­nungs­po­li­tik hät­ten wir wohl noch FCKW-Kühl­schrän­ke und kei­nen Katalysator.

Der Kri­tik an der feh­len­den Pla­nungs­si­cher­heit stimm­ten die grü­nen Poli­ti­ke­rin­nen unein­ge­schränkt zu, das ist zen­tral für jede Wirt­schaft. Aber ein „Wei­ter so wie bis­her“ kön­ne es nicht geben, es müs­sen vie­le Ände­run­gen vor­ge­nom­men wer­den, denn das Kli­ma lässt nicht mit sich reden.

Ener­gie­po­li­tik

Auf die Kri­tik an der Bun­des­re­gie­rung reagier­te Susan­na Tau­send­freund. Sie schil­der­te knapp und klar, wie in Pul­lach der Aus­bau der Geo­ther­mie und zusam­men mit Neu­ried, Bai­er­brunn und Schäft­larn der Bau von Wind­rä­dern vor­an­ge­trie­ben wird. Ohne die neu­en Inves­ti­ti­ons­zu­schüs­se vom Bund (bis zu 40% über das BEW) wäre die­se zukunfts­wei­sen­de Poli­tik der Ener­gie­si­che­rung nicht mög­lich, beton­te Tau­send­freund. Und ja, so bestä­tig­te sie einem der Land­wir­te, Schwie­rig­kei­ten bei der öko­lo­gi­schen Trans­for­ma­ti­on ent­ste­hen auch, wenn die Elek­tri­zi­täts­wer­ke das erhöh­te Ange­bot an Strom gar nicht auf­neh­men kön­nen. Des­halb hat sich die „Arge Wind“ mit den Gemein­den Neu­ried, Bai­er­brunn Schäft­larn und Pul­lach dazu ent­schlos­sen, selbst das für die Wind­rä­der erfor­der­li­che Umspann­werk zu bauen.

Sün­den­bock Grüne?

Wäh­rend der gesam­ten zwei­stün­di­gen Dis­kus­si­on herrsch­te im Raum eine ruhi­ge, respekt­vol­le Atmo­sphä­re des kon­zen­trier­ten Zuhö­rens. Nur ein­mal wur­de es tumult­ar­tig: Als einer der Land­wir­te sich in Rich­tung „grü­nen Ecke“ dar­über beklag­te, dass „die Leu­te“, die so auf Arten­schutz pochen, um ihre Häu­ser Schot­ter­gär­ten oder eng­li­schen Rasen haben und sich wegen 600 m in ihre SUVs set­zen. Da bran­de­te Empö­rung bei uns Grü­nen auf, denn das kri­ti­sie­ren wir doch genau­so wie die Landwirte!

Wir Grü­nen sehen uns in vie­len Punk­ten zu Unrecht als Ziel­schei­be des Zorns der Land­wir­te. Was lan­ge schief gelau­fen sei, kön­ne nicht in zwei Jah­ren repa­riert wer­den. In Bay­ern waren die Grü­nen noch nie an der Regie­rung, eben­so­we­nig auf EU-Ebe­ne. Eine Zuschaue­rin for­mu­lier­te ihren Ärger so: „Ich bin doch die­je­ni­ge, die hier ihre But­ter für 4,50 E kauft, weil ich hof­fe, dass etwas davon bei euch, den regio­na­len Land­wir­ten, ankommt“. Sie fin­de es daher ein­fach nicht rich­tig, dass sie sich hier so mas­si­ver Kri­tik aus­set­zen muss.

Denn in eini­gen Punk­ten konn­te das Publi­kum in der „grü­nen Ecke“ den Kla­gen der Land­wir­te nur bei­pflich­ten, zum Bei­spiel dem Ärger über die „Preis­sen­si­bi­li­tät“ bei hoch­wer­ti­gen und damit teu­re­ren Lebens­mit­teln. Die Sor­ge um den Absatz bio­lo­gi­scher Lebens­mit­tel tei­len wir.

Clau­dia Köh­ler berichtete:

Die Grü­nen im Land­tag schla­gen seit über einem Jahr ein Gra­tis-Mit­tag­essen für die Kin­der in der Grund­schu­le vor, bio und regio­nal. Damit könn­te man nicht nur die Kin­der gesund ernäh­ren, son­dern auch der Land­wirt­schaft vor Ort fes­te Abnah­me­men­gen garan­tie­ren. Eine Unter­stüt­zung sei­tens der Land­wir­te wür­den die Land­tags-Grü­nen nur begrüßen.

Als Fazit der Ver­an­stal­tung kann so die Bemer­kung eines Zuschau­ers ste­hen: „Wir ste­hen oft auf der­sel­ben Sei­te und mer­ken es gar nicht“

Der Dia­log soll weitergehen

Das Ende der Ver­an­stal­tung: Kein Ende des Dia­logs! Clau­dia Köh­ler ver­ein­bar­te mit den Land­wir­ten eine Ein­la­dung in den Land­tag, um mit wei­te­ren Fach­leu­ten ver­tieft zu dis­ku­tie­ren. Die Land­wir­te nah­men eine Bit­te von uns Grü­nen mit: Wenn sie – wie ver­spro­chen – auch Ver­an­stal­tun­gen der CSU besu­chen, geben sie uns Bescheid. Wir ste­hen dann an ihrer Sei­te. Die­se bei­den Ver­spre­chen wur­den mit einem Hän­de­druck besiegelt.

Schon weni­ge Tage spä­ter wur­de das Ver­spre­chen ein­ge­löst. In Wolfrats­hau­sen tra­fen sich Land­wir­te mit Katha­ri­na Schul­ze. Zwar blie­ben auch dort die Pro­tes­te nicht aus, aber ein inhalt­li­cher Aus­tausch wur­de begon­nen. Hier ein aus­führ­li­cher Bericht dazu

Bau­ern­de­mo vor Grü­nen-Ver­samm­lung: Schul­ze-Besuch in Wolfrats­hau­sen von Pro­test beglei­tet — MM

Medi­en­echo:

Bau­ern und Grü­ne: Es geht auch fried­lich — SZ

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