Die letzte Station der Ausschussreise im November war Dublin in der Republic of Ireland. Nach einem Briefing in der Detuschen Botschaft mit Botschafter, Seine Exzellenz Cord Maier-Klodt und seiner Stellvertreterin, der Gesandten Nancy Reck, trafen wir in Leinster House, dem Parlamentssitz der Irischen Republik, Mitglieder des Parlamentsausschusses für die Umsetzung des Karfreitagsabkommens (Committee on the Implementation of the Good Friday Agreement). Rose Conway-Walsh TD (Teachta Dalla) von Sinn Fein, Brendan Smith TD von Fianna Fail und Fergus O’Dowd TD von Fine Gael erläuterten die aktuellen Herausforderungen. Bemerkenswert: Die Irische Republik hat 64.000 ukrainische Geflüchtete aufgenommen und sich in den letzten Jahrzehnten vom Auswanderungsland zum Einwanderungsland entwickelt.
Auf Druck der EU wurde der Mindeststeuersatz angepasst von 12,5% auf 15%; mit Unternehmen wie Facebook, Apple und zahlreicher Pharmafirmen hat die Republik enormen Finanzspielraum. Nach einem wunderbaren Abendessen in „Darwins Restaurant“ trafen wir am nächsten Morgen in Leinster House die Grüne Politikerin Neasa Hourigan TD, Vorsitzende des Parlamentshaushaltsausschusses. Die Grünen sind in Dublin in Regierungsverantwortung. Neasa Hourigan erklärte, dass dieser Ausschuss 2016 neu gebildet wurde, da die Finanzaufsicht verbesserungswürdig war. Das Thema Klimaschutz kommt dort erst langsam auf die politische Agenda, allerdings ist Irland sehr stark in der Windenergie. Ähnlich wie in Deutschland konzentrieren sich die Investitionen in Infrastruktur auf die Ballungsräume.
Unter der Leitung von Chefökonom Dr. Eddie Casey konnten wir uns anschließend mit dem Irish Fiscal Advisory Council austauschen. Dieser „Finanzrat“ mit fünf Mitgliedern analysiert und beurteilt die wirtschaftliche Entwicklung, stellt Prognosen und leistet Beratung für die Politik. Der Rat wurde nach einer Finanzkrise 2011 installiert. Die Irische Republik ist das einzige Land der EU ohne sinkende Geburtenrate – derzeit 2,1 (in Deutschland 1,5).
Bei unseren abendlichen Rundgängen in Dublin war sehr auffällig – und meiner Meinung nach erfreulich — zu sehen, wie hoch der Anteil der jungen Leute an der Bevölkerung ist. So viele junge Leute auf den Straßen und in den Restaurants sind wir aus Deutschland gar nicht gewohnt.
In den letzten ca. fünf Jahren sind 20.000 Jobs im Finanz-Dienstleistungssektor in der Republik entstanden. Die Kommission empfiehlt Reformen aufgrund der Risikofaktoren: Überalterung, Abhängigkeit der Körperschaftssteuer von großen Firmen (10 große Konzerne zahlen etwa 56% der Steuern), der notwendigen Investitionen in den Klimaschutz, der Ausgaben für Verteidigung und Cyber Security, Gesundheitsvorsorge sowie für Kapitalausgaben.
Interessante Einblicke gab uns das Wohnbau-Unternehmen CAIRN. Delan Murry, James Benson und James Shanahan schilderten die Entwicklung der Firma, die im Auftrag der Regierung Quartiere mit Wohnungen und Häusern zu erschwinglichen Preisen baut („Housing for all“). Nach 10 Jahren Wohnungskrise mit Pleiten vieler Bauunternehmen wurde eine Strategie für die Schaffung von Wohnraum entwickelt, dessen Mieten 30% unter dem Markwert liegen. Die Häuser sollen teilweise modular, schneller als bisher und günstiger durch Standardisierung errichtet werden. Meiner Meinung nach hat diese Regierung erkannt, dass die Schaffung von erschwinglichem Wohnraum ein zentraler Schlüssel für soziale Gerechtigkeit und ein wichtiger Standortfaktor für die Wirtschaft ist.
Im Anschluss konnten wir ein Gespräch mit Senator Gerard Craughwell führen, einem Mitglied des Parlamentsausschusses für Außenpolitik und Verteidigung. Senator Craughwell ist seit 2014 im Oberhaus und zudem Mitglied der deutsch-irischen Freundschaftsgruppe. Genau an diesem Tag wurde Craughwell von Russland auf die BBP-Liste („Banned by Putin“) gesetzt, was wiederum die Ausweisung von russischen Botschaftsangehörigen zur Folge haben würde. Craughwell mahnte verstärkte Anstrengungen einer gemeinsamen Außenpolitik der EU an, wesentlich mehr Investitionen in die Verteidigungspolitik und viel mehr Vorsorge für Cybersicherheit. Bereits jetzt würden vor allem kleinere Unternehmen und Teile des Gesundheitssystems mit Cyberangriffen erpresst und dramatisch geschädigt.
Nach einem Abendessen im „Hugo’s“ stand am letzten Tag noch eine Cultural Walking Tour zu Dublin Castle, Christ Church Cathedral und St. Patricks Cathedral auf dem Programm.
Mehr denn je hat mich diese spannende Ausschussreise mit zahlreichen Terminen davon überzeugt, dass nur ein gemeinsames, in wichtigen Fragen zusammenhaltendes Europa Bestand haben und Frieden, Wohlstand und Lebensqualität für die Bürger*innen sichern kann.
- Deutsche Botschaft in Dublin
- Das gestohlene Herz aus St. Paul
- Briefing bei den Wirtschaftsweisen Irish Fiscal Advisory Council
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