„Platz zum Lernen ist ein Sechser im Lotto!“ — nur ein Drittel bekommt Platz an der Feuerwehrschule
„Wir haben glücklicherweise so viele engagierte Feuerwehrleute im Landkreis Rosenheim, die ehrenamtlich und rund um die Uhr für unseren Schutz arbeiten — und dann braucht es einen Sechser im Lotto, um einen Platz an der Feuerwehrschule zu bekommen“, so die Grüne Abgeordnete Claudia Köhler. „Die Staatsregierung lässt dieses Engagement einfach liegen und die Feuerwehrler und Feuerwehrlerinnen bis zu zwei Jahren auf Ausbildungskurse warten. Wenigstens eine bessere finanzielle Ausstattung der Landkreise, um dort eigene Formate und Standortschulungen anbieten zu können, könnte hier Verbesserungen und schnellere Ausbildungsmöglichkeiten schaffen.“
Aufgrund starker beruflicher Belastung seien eben nicht alle Ehrenamtlichen darauf erpicht, lange Wochen in der Freizeit an den Feuerwehrschulen zu verbringen, um sich weiterzubilden, so die Abgeordnete. Schulungen in Wohnortnähe müssten daher ebenfalls gefördert und finanziert werden.
Eine Anfrage der Landtags-Grünen (im Anhang) zeigt: Zwischen dem Bedarf der bayerischen Feuerwehren und dem Angebot der staatlichen Feuerwehrschulen gibt es ein riesiges Missverhältnis. In Geretsried steht eine dieser Schulen, in der allein aus dem Bezirk Oberbayern über 10.100 Personen gerne an Lehrgängen teilnehmen würden. Nur 3700, das entspricht 37%, erhalten allerdings tatsächlich einen Platz. Bei den elementaren Führungs- und Technikfertigkeiten liegt die Zuteilungsquote bei den Lehrgängen „Ausbilder in der Feuerwehr“, „Drehleitermaschinist“, „Gerätewart TSF“, „Verbandsführer — besondere Führungsdienstgrade“ und „Jugendwart“ bayernweit jeweils unter 50%. Besonders bitter ist das Missverhältnis für die Lehrgänge „Jugendwart“ und „Ausbilder in der Feuerwehr“, da beide für Nachwuchsgewinnung zentral sind.
Kurz: „Bei den Kursen zu elementaren Führungs- und Technikfertigkeiten ist die Quote bayernweit fatalerweise besonders niedrig*. Wir brauchen für die Zukunft dringend
Fachleute, die sich um Jugend und Ausbildung kümmern, um langfristig die Einsatzbereitschaft zu gewährleisten. Und es müssen endlich weiterführende Formate im Bereich der Führungsausbildung entwickelt werden, z.B. mit Zugführern und Gruppenführern. In den nächsten Jahren gehen zehntausende Feuerwehrleute in den Ruhestand, die drohende Lücke müssen wir bereits jetzt mit engagiertem Feuerwehrnachwuchs schließen.“
Köhler verweist auf die Expertise, die gerade bei den großen freiwilligen Feuerwehren vorhanden ist. „Das Einsatzspektrum ist riesig: Von Brandeinsätzen über Hochwasser, Rettungseinsätzen bei Autounfällen und technischer Hilfeleistung ist alles gefragt. Daher wären bezahlte Dozenten und Dozentinnen aus unseren Feuerwehren, also erfahrene Berufsfeuerwehrleute, langjährige Kommandanten größerer Feuerwehren sowie die Mitglieder der Kreisbrandinspektion in geeigneter Menge verfügbar und könnten so bei Schulungen mehr stabile Kapazitäten schaffen. Man muss sich nur mal trauen, auch neue Wege zu gehen, wenn die Herausforderungen steigen!“
Kurz verweist auf die Dringlichkeit des Handlungsbedarfs: „So oft haben wir hier schon konkrete Vorschläge gemacht, mehr Mittel und eine bessere Verwendung beim Freistaat beantragt. Die Staatsregierung muss endlich für deutlich mehr Plätze an Feuerwehrschulen sorgen und nicht nur beschwichtigen nach dem Motto „passt doch alles“! Sonst bleiben die Kosten für die nötige Ausbildung am Landkreis und den Gemeinden hängen. Landkreise unternehmen eigene Anstrengungen, um Übungshallen und Standortschulungen anbieten zu können. Würde der Staat die Nachfrage an Ausbildungen an den Feuerwehrschulen erfüllen, hätten wir nicht nur ausreichend gut ausgebildete Feuerwehrleute, sondern der Landkreishaushalt wäre auch deutlich entlastet!“
*zusätzlicher Hintergrund:
Im Bereich der Psychosozialen Notfallversorgung für Einsatzkräfte (PSNV‑E), die bei der Verarbeitung belastender Ereignisse unterstützt, ist die Lage noch dramatischer (blau in der Tabelle im Anhang). Die Quote reicht hier vom Lehrgang „Fortbildung PSNV‑E Feuerwehr Baustein 3“ mit 15% bis zum „PSNV-Aufbaulehrgang“ mit 36%. Bei den für den Katastrophenschutz zentralen Lehrgängen (grün in der Tabelle im Anhang), zeichnet sich ein ähnliches Bild. Hier geht es um die Funktionsweise und Zusammenarbeit mit der Führungs- und Unterstützungsgruppe Katastrophenschutz (FüGK), die im Katastrophenfall Dreh- und Angelpunkt für die Bewältigung der Katastrophe sind. Die Zuteilungsquote reicht hier bayernweit von 36% für den „Grundlehrgang FüGK“ bis zu 6% in den Lehrgängen „Aufbaulehrgang Lage und Dokumentation FüGK“ und „Aufbaulehrgang Führung FüGK“.
2024–08-19_SAN_Feuerwehrschulen_ANTWORT
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