Rede zum Haus­halt 2021

Der Haus­halts­ent­wurf über 70 Mil­li­ar­den Euro wur­de erst 3 Werk­ta­ge vor der 1. Lesung ver­öf­fent­licht. So sieht die Zusam­men­ar­beit der Staats­re­gie­rung mit den Oppo­si­ti­ons­par­tei­en aus. In einem Jahr, in dem Mil­li­ar­den­be­trä­ge an zusätz­li­chen Steu­er­mit­teln, an Schul­den für die nächs­ten Gene­ra­tio­nen, locker gemacht wur­den, in einem Jahr, das von der Poli­tik ein ganz beson­de­res Maß an Ver­nunft und Weit­blick for­dert, in einem Jahr, in dem die Zweif­ler und Angrei­fer auf den Rechts­staat immer mehr wer­den. In so einem Jahr wer­den alle Frak­tio­nen zum letzt­mög­li­chen Zeit­punkt infor­miert. Ganz nach der Söder Devi­se: L’état c’est moi! Und die Abge­orn­de­ten der CSU und Frei­en Wäh­ler im Haus­halts­aus­schuss machen das will­fäh­rig mit.

Die Inves­ti­tio­nen flie­ßen in die übli­chen Lieb­lings­pro­jek­te der Regie­rung, allen vor­an neue Stra­ßen für 400 Mio Euro, und die Wei­ter­fi­nan­zie­rung der Wahl­ge­schen­ke wie Pfle­ge­geld und Fami­li­en­geld. Aber mehr Pfle­ge­plät­ze, mehr Pfle­ge­per­so­nal, mehr Unter­stüt­zung für Betrof­fe­ne und Ange­hö­ri­ge haben wir trotz­dem nicht.

Es feh­len wei­ter­hin aus­rei­chen­de Mit­tel für den ÖPNV-Aus­bau, die Eisen­bahn­in­fra­struk­tur, den bar­rie­re­frei­en Aus­bau unse­rer Bahn­hö­fe, Rad­we­ge­net­ze und einen Plan B für die S‑Bahn München.

Die Ener­gie­wen­de muss schnel­ler vor­an­ge­trie­ben wer­den. Nah­wär­me­net­ze, intel­li­gen­te Strom­net­ze, vir­tu­el­le Kraft­wer­ke, Strom­spei­che­rung, öko­lo­gi­sche Was­ser­kraft­nut­zung, Geo­ther­mie – das sind die Zukunfts­the­men. 5 Mio für PV auf staat­li­chen Gebäu­den in ganz Bay­ern sind da schon pein­lich. Für die ener­ge­ti­sche Sanie­rung öffent­li­cher Gebäu­de wer­den nur 27,5 Mio. Euro ver­an­schlagt. Not­wen­dig wären meh­re­re 100 Mio. Euro. Für eine Ener­gie­wen­de rei­chen nicht ein paar För­der­pro­gram­me. Es muss sich doch struk­tu­rell was ändern, wir brau­chen ande­re Systeme.

Für Instand­set­zun­gen und Sanie­run­gen der Schu­len und Hoch­schu­len gibt es einen Inves­ti­ti­ons­stau von 5 Mrd. End­lich kom­men wenigs­tens 1.525 Stel­len für alle Schul­ar­ten, das haben wir seit Jah­ren gefor­dert. Systembetreuer*innen für die digi­ta­le Infra­struk­tur sucht man auch in die­sem Haus­halts­ent­wurf ver­geb­lich. Die Schu­len wer­den mit der Digi­ta­li­sie­rung allein gelas­sen. Schu­len war­ten auf funk­tio­nie­ren­de Platt­for­men, prak­ti­ka­blen Daten­schutz und durch­gän­gi­ge Schu­lun­gen der Lehr­kräf­te. Kein ein­zi­ger Lehr­kräf­tel­ap­top aus dem Pro­gramm in Bay­ern ist bis­her angekommen.

Auch in ande­ren Berei­chen sieht es mit der Digi­ta­li­sie­rung nach 11 Mona­ten der Pan­de­mie nicht bes­ser aus. Die ein­heit­li­che Steu­er­ver­wal­tung “Kon­sens” ist ein Desas­ter: viel Geld aus­ge­ge­ben – nichts erle­digt. In den Gesund­heits­äm­tern fehlt noch immer eine ein­heit­li­che Soft­ware, um die Nach­ver­fol­gun­gen der Infi­zier­ten bewäl­ti­gen zu kön­nen. Im Haus­halt Gesund­heit und Pfle­ge ste­hen bei Geschäfts­be­darf und Kom­mu­ni­ka­ti­on genau­so wie bei Anschaf­fung von Ein­rich­tungs­ge­gen­stän­den, Gerä­ten und Maschi­nen 0 Euro mit der Bemer­kung: „Der Titel ent­fällt wegen feh­len­den Bedarfs.“ Was soll man dazu noch sagen?

Unse­re Behör­den sind am Rand ihrer Kräf­te: Kon­takt­nach­ver­fol­gung, Kon­trol­len, Tes­tun­gen, Geneh­mi­gun­gen, Anord­nun­gen. Wir haben unser eige­nes Per­so­nal stra­pa­ziert, zu Nacht- und Wochen­end­diens­ten gezwun­gen, um die Arbeit zu erle­di­gen. Ver­ant­wor­tungs­vol­le Für­sor­ge sieht anders aus.

Wenn etwas nicht funk­tio­niert, zückt der Minis­ter­prä­si­dent ein­fach das Scheck­buch und ver­teilt Geld: Nach Fami­li­en- und Lan­des­pfle­ge­geld, jetzt Prä­mi­en für Schul­lei­tun­gen und Ämter. Wir gön­nen es allen, aber wir brau­chen end­lich Geld für lang­fris­ti­ge Investitionen.

Wir bekämp­fen die Pan­de­mie nicht mit 5 Pres­se­mel­dun­gen am Tag und 2 Regie­rungs­er­klä­run­gen pro Monat: Wir brau­chen mehr Taten, weni­ger Wor­te. Wir brau­chen einen Ver­trag mit der Zukunft, nicht kurz­fris­tig von Pan­ne zu Pan­ne, son­dern lang­fris­tig mit unse­rer Jugend und unse­rer Wirt­schaft, die sich auf funk­tio­nie­ren­de Infra­struk­tur ver­las­sen kön­nen muss, mit den Men­schen in Bay­ern, die ein Recht auf Gesund­heit und Vor­sor­ge haben. Wir haben die Vor­schlä­ge auf den Tisch gelegt, Green Bonds ins Spiel gebracht, damit es eben nicht auf Pump der nächs­ten Gene­ra­tio­nen ist, son­dern die Kli­ma­kri­se bewäl­tigt und eine Infra­struk­tur schafft, auf die sie sich ver­las­sen können.

In den ers­ten Wochen des neu­en Jah­res wer­den wir unse­re Anträ­ge, kon­kret und gegen­fi­nan­ziert, vor­le­gen. Ich erwar­te eine ernst­haf­te Dis­kus­si­on, denn jetzt kön­nen wir die Wei­chen für eine kri­sen­si­che­re Zukunft stellen.

Die kom­plet­te Rede fin­den Sie im Video-Archiv des Baye­ri­schen Landtags.