Sogenannte “Überwertankäufe” schmälern den Grundstock des Freistaats Bayern. Denn, wenn mehr für ein Grundstück bezahlt wird, als sein Wert bisher verbucht wurde, entsteht ja ein negativer Saldo.
Sogenannte “Überwertankäufe” sind Ankäufe von Grundstücken durch den Staat, bei denen der Preis über dem ermittelten Wert liegt. Sie schmälern den Grundstock, das Vermögen des Freistaats Bayern. Denn wenn für ein Grundstück mehr bezahlt wird als es eigentlich wert ist, muss mehr Geld aus dem Vermögen genommen werden als über den Grundstückswert wieder hereinkommt.
Überwertankäufe können notwendig sein, wenn der Staat Grundstücke an einem bestimmten Standort benötigt und keine weitere Auswahlmöglichkeit hat. Aber auch, wenn Standorte aus Publicitygründen schon verkündet werden, bevor ein Deal zustande kommt. Dann können Eigentümer einen hohen Preis über dem Marktwert verlangen, weil sie wissen, der Ministerpräsident oder die Regierungsfraktionen haben sich schon festgelegt und sind bereit, einen sprichwörtlich hohen Preis zu zahlen.
Gemäß Haushaltsordnung muss nun zum Ausgleich des Grundstocks entweder eine Summe X dem Grundstock zugeführt werden, die aus dem Etat des zuständigen Ministeriums kommen muss und das jeweilige Ressort natürlich belastet. Im Ministerium für Wissenschaft und Kunst, das eine Vielzahl von Flächen für die Hochschulen benötigt, sind das hohe Millionensummen.
Oder es muss ein Gesetz beschlossen werden, das eine Schmälerung des Grundstocks erlaubt. Überwertankäufe würden dadurch wahrscheinlich größere Aufmerksamkeit erfahren, evtl. würde vorsichtiger mit dem Grundstockvermögen umgegangen werden.
Die Regierungsfraktionen sehen das anders und finden, ein Beschluss im Haushaltsausschuss genügt. Wann und woher das Geld für den Ausgleich des Grundstocks fließen soll, erscheint zweitrangig. Die Ministerien müssen das irgendwie regeln, wann auch immer. Mit ihrer Mehrheit werden dort die Grundstücksgeschäfte beschlossen.
Der Oberste Rechnungshof (ORH) mahnte schon mehrmals und schlug eine gerichtliche Klärung vor.
Gemeinsam mit meinem Kollegen Tim Pargent und meiner Kollegin Kerstin Celina stellte ich eine schriftliche Anfrage an das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, wie oft das vorkomme, wie und auch wann der Ausgleich stattfinde und welche Lücken dadurch in den Haushalten der Ministerien entstanden sind.
Die Antwort ist enttäuschend, kaum eine konkrete Auskunft: keine Beträge, kein konkretes Datum, bis auf eine Ausnahme keine Haushaltstitel. Ich habe daher vorgeschlagen, ohne Drucklegung, also ohne Öffentlichkeit, zu antworten, auch das wurde abgelehnt und nur ergänzt:
“Gerne haben wir Ihre Frage geprüft, ob durch den Verzicht auf eine Drucklegung eine ausführlichere Antwort möglich wäre. Dies ist nicht der Fall. Klarstellend möchten wir darauf hinweisen, dass die Antwort zu Frage 7 im Zusammenhang mit der Antwort zu Frage 6 zu sehen ist. Voraussetzung für den haushalterischen Ausgleich des Anteils am Kaufpreis, der sich aus der Höhe der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem gutachterlich festgestellten Verkehrswert (übersteigender Anteil) ergibt, ist stets die Fälligkeit der Kaufpreiszahlung. In allen genannten Fällen sind die notwendigen Erstattungen hinsichtlich der fälligen Kaufpreisraten ohne zeitliche Verzögerungen erfolgt.
Im Folgenden die dürftige Antwort:
Frage:
1.: Zu welchem Kaufpreis wurden die Grundstücke für
• die Justizvollzugsanstalt Passau (Vorlage an den Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen vom Mai 2019)
• die Erweiterung der Uniklinik Würzburg (Vorlage an den Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen vom September 2019)
• die Landesbaudirektion in Ebern (Vorlage an den Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen vom Januar 2020)
• die Landesbaudirektion Vilshofen (Vorlage an den Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen vom Juni 2020)
• das Klinikum Rechts der Isar der TU München (Vorlage an den Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen vom Oktober 2020)
• die Fakultät für Life Sciences der Universität Bayreuth in Kulmbach (Vorlage an den Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen vom November 2021)
• den Siemens Campus für die Friedrich-Alexander-Universität in Nürnberg (Vorlage an den Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen vom März 2023)
• die Nationalparkverwaltung Berchtesgaden (Vorlage an den Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen vom Juli 2023)
• das Internationale Wissenschaftszentrum Passau (Vorlage an den Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen vom Juli 2023)
• die Technische Universität München in Straubing (Vorlage an den Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen vom April 2024) und
• die Technische Universität Georg-Siemens-Ohm (Vorlage an den Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen vom Juli 2024)
jeweils erworben?
2.: Wie hoch war jeweils der für den Kaufzeitpunkt ermittelte Verkehrswert der Grundstücke aus Frage 1?
Antwort:
Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Zum Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Vertragspartner ist eine Benennung der Kaufpreise und Verkehrswertermittlung in einem öffentlich einsehbaren Dokument nicht möglich.
Die Ankaufspreise und die Verkehrswerte sind den jeweiligen Vorlagen für die Befassung des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen des Bayerischen Landtags zu entnehmen.
Frage 3.: In welche Höhe wurden für die Grundstückskäufe aus Frage 1 jeweils zum Ausgleich Zuführungen an den Grundstock geleistet?
Antwort: Das jeweilige Ressort trägt aus Haushaltsmitteln den Anteil am Kaufpreis, der sich aus der Höhe der Differenz des Kaufpreises über dem gutachterlich festgestellten Verkehrswert (übersteigender Anteil) ergibt. Soweit eine Vorfinanzierung aus dem Grundstock notwendig war, erfolgt der Ausgleich jeweils in voller Höhe.
Frage 4.: In welcher Form – finanziell oder in anderer Form – wurde der Ausgleich aus Frage 3 jeweils geleistet?
Antwort: Der Ausgleich erfolgt jeweils finanziell.
Frage 5.: Aus welchem Haushaltstitel wurden finanzielle Zuführungen an den Grundstock aus Frage 3 für die Grundstückskäufe jeweils geleistet?
Antwort: Die Ausgleichszahlung erfolgt entweder aus der Anlage S oder einem Bautitel zum Erwerb von Grundstücken in Verbindung mit bestehendem Bedarf. Das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst bedient Ausgleichszahlungen unter dem Haushaltstitel 1506/821 01 mit der Zweckbestimmung „Erwerb von Grundstücken für Neugründung und Erweiterung von Hochschulstandorten“.
Frage 6.: Zu welchem Zeitpunkt wurde der Ausgleich aus Frage 3 im Grundstock jeweils verbucht?
Antwort: Die Verbuchung des Ausgleichs erfolgt nach Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln nach jeweiliger Fälligkeit.
Frage 7.:
a): In welchen Fällen wurde gegebenenfalls der Ausgleich noch nicht geleistet? b): Weshalb wurde der Ausgleich aus Frage a) gegebenenfalls noch nicht geleistet?
c): Für welchen Zeitpunkt ist der gegebenenfalls die noch nicht getätigte Zuführung an den Grundstock aus Frage a) vorgesehen?
Antwort: Die Fragen 7.a) bis 7.c) werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Der Ausgleich in den Grundstock erfolgt, sobald turnusmäßig Haushaltsmittel beantragt und zur Verfügung gestellt werden. Die Erstattung erfolgt nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Möglichkeiten. In allen in Frage 1 benannten Fällen wurde der Ausgleich geleistet.
Frage 8.: Wie bewertet die Staatsregierung den Umstand, dass der Ausgleich des Grundstocks in einigen Fällen deutlich zeitverzögert stattfindet, der Grundstock also zeitweise vermindert ist, obwohl in Art. 81 der Bayerischen Verfassung dies nur durch eine gesetzliche Grundlage möglich ist und für den Ausgleich daher grundsätzlich keine Frist vorgesehen ist?
Antwort: Eine Verringerung des Grundstockvermögens liegt im beschriebenen Sachverhalt nicht vor. Nach Art. 81 Satz 1 der Bayerischen Verfassung darf der Wertbestand des Grundstockvermögens nur auf Grund eines Gesetzes verringert werden. Das Grundstockvermögen umfasst das diesem zugeordnete Vermögen und den Geldbestand („Grundstock“), in dem die Erlöse aus der Veräußerung von Grundstockvermögen aufgenommen werden. Den temporär verwendeten Grundstockmitteln steht die spätere Erstattung aus Haushaltsmitteln gleichwertig gegenüber; es handelt sich um eine bloße Umschichtung innerhalb des Grundstockvermögens.
Die Fragen und Antworten der Anfrage finden Sie hier:
250408_SANFR_Ausgleich_fuer_Ueberwertankaeufe_von_Grundstuecken
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