Um es gleichmal vorwegzunehmen: Gemessen an Ihrem Gejammer hier Woche für Woche schaut es so schlecht in Bayern nicht aus.
Die Rücklage beträgt aufgrund guter Steuereinnahmen 4 Mrd Euro mehr als geplant.
Wo es dagegen wirklich schlecht ausschaut, ist bei unseren Kommunen. Die Defizite unserer Städte und Gemeinden waren allein im ersten Halbjahr 2024 mit 5 Mrd. Euro doppelt so hoch wie im gesamten Jahr 2023. Kreistage und Gemeinderatsgremien wissen nicht mehr, wie sie einen ausgeglichenen Haushalt hinbekommen sollen.
Das heißt für uns alle: Dieser Nachtragshaushalt muss unseren Kommunen helfen, viel mehr als bisher! Andere Bundesländer wie Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz machen das längst.
Deshalb fordern wir – aus diesem Haushalt, aus dieser an sich nicht erwarteten Rücklage des Freistaats von 4 Mrd Euro eine Mrd Euro sofort, für unsere Kommunen! Denn dafür ist ein Nachtrag da, um auf aktuelle Herausforderungen reagieren zu können.
Die Bayerische Staatsregierung dagegen schiebt in diesem Nachtragshaushalt nur die Summen hin- und her, am Geld hat sich wenig geändert. Große Ideen gibt es offensichtlich nicht, um die dringenden Aufgaben anzugehen, von denen wir hier jede Woche sprechen.
Ein kleinkarierter Buchhalterhaushalt. Was nämlich schon auffällt: Die Staatsregierung sucht nach Geld, sie kratzt alles zusammen. Da tauchen dann im Entwurf urplötzlich 100 Mio Euro Mehreinnahmen durch höher angesetzte Strafen auf, an den Landratsämtern, in der Justiz, bei der Polizei, bei den Finanzämtern.
Die Zeit der Wahlkampfgeschenke ist offensichtlich vorbei, sie hat große Löcher in die Planungen der vergangenen Jahre geschlagen, ohne echte Verbesserungen auf Dauer zu schaffen. Und jetzt, ausgerechnet in der Krise, nehmen Sie es den Leuten wieder.
Der Etat für Staatsstraßen allerdings bleibt bei einer halben Milliarde Euro, Sie nehmen dafür sogar 72 Mio Euro aus dem Grundstock.
Aber ihr Rasenmäher ist auch wieder zugange, eine Haushaltssperre von 15% statt 10%, das ist nicht sachgerecht, einfach überall zu sparen und keine Prioriäten zu setzen.
Und dann noch die absurde Ankündigung und Passage im Entwurf: “Für den Doppelhaushalt 2026/2027 werden für das Haushaltsjahr 2026 keine kostenwirksamen neuen Stellen vorgesehen.” Erstens geht es grad um das Jahr 2025, zweitens genereller Abbau von 5.000 Stellen? Sie schreiben zudem allen Ernstes ins Haushaltsgesetz, dass die Stellen „voraussichtlich beginnend mit dem Doppelhaushalt 2026/2027“ reduziert werden sollen. Das ist doch kein Gesetzestext, sondern eine völlig unverbindliche Absichtserklärung, vielleicht machen wir das 2026, vielleicht auch nicht. So etwas gehört nicht ins Haushaltsgesetz.
Aber wenn der Ministerpräsident so etwas sagt, dann schreibt’s der Finanzminister brav in den Entwurf. Pauschal 5.000 Stellen. Ohne Ziel, ohne zu sagen, wo? Wir haben einen Antrag gestellt, dass von den 5.000 Stellen wenigstens nicht bei den Lehrkräften gestrichen werden soll. Dabei bleiben wir!
Zu aktuellen Herausforderungen ist dieser Nachtragshaushalt aber eine Fehlanzeige. Ganz im Gegenteil, Geiz zeigt sich selbst bei kleinen Beträgen:
- Das beginnt beim Programm K 33 für Humusaufbau in der Landwirtschaft, eine der wichtigsten und erfolgreichsten Maßnahmen für die Umwelt, Schluss, aus, beendet. So viele Landwirte haben mitgemacht, sind in Vorleistung gegangen, der Boden musste im Herbst vorbereitet werden, das weiß sogar ich, im Stich gelassen. Hier gibt’s einen Antrag von uns!
- Des Ministerpräsidenten Ambitionen bei der E‑Ladeinfrastruktur sind auch nur große Sprüche: Am Montag vor einer Woche, beim Fahrzeuggipfel, hat Herr Söder verkündet, dass die Ladepunkte in Bayern von heute 30.000 bis 2030 auf 100.000 erhöht werden sollen. Gleichzeitig halbiert er im Nachtragshaushalt die Mittel von 10 Mio. € auf 5 Mio. €.
- Für die Qualitätsentwicklung bei der Kinderbetreuung gibt es jetzt mehr Bundesmittel. Aber anstatt den Bayernanteil auch zu erhöhen, kürzt die Staatsregierung die bayerischen Mittel um 25 Mio Euro. Da kann man nur noch den Kopf schütteln… Dabei sind unsere Kinder unser höchstes Gut und ihre verlässliche Betreuung für alle jungen Eltern ist auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.
- Und seit Jahren beantragen wir jetzt, mehr für Geothermie und Wärmenetze zu tun. Inzwischen beantragen das sogar CSU-Abgeordnete, erst neulich im Plenum wieder. Und? Nix gemacht, im Stammhaushalt stehen weiterhin nur 5 Mio Euro statt noch 7,5 Mio in 2023. Ich kann Ihnen sagen: Wir werden wieder Bürgschaften für Geothermie und kommunale Wärmenetze beantragen, sonst wird das nichts.
- Aber 1,6 Mio Euro sind Ihnen die Cannabis-Kontrollen wert. Schikane der Vereine lassen Sie sich was kosten.
- Das Digitalministerium verwaltet wieder nur sich selbst. Wer den großen Wurf erwartet hat angesichts Cyberattacken und Desinformation, wird wieder enttäuscht.
- Auch bei der Justiz kommt nichts, trotz des Folterskandals der letzten Wochen.
- Und Herr Aiwanger kürzt die Investitionen bzw. Zuschüsse an Unternehmen zur Dekarbonisierung um 12,5 Mio Euro. Wenn da wirklich Geld übrig ist, dann stimmt was mit Ihrem Förderprogramm nicht.
- Interessant zum Thema Wohnen: Unzählige Male haben Sie mir und den betroffenen Menschen erklärt, leider, leider könnten Sie der Wohngenossenschaft Maro nicht helfen, denn sie ist insolvent. Für den insolventen Flugtaxishersteller Lilium allerdings haben sie 54 Mio Euro im Haushalt stehen gelassen. Hab ich nichts dagegen, den Mitteln dafür habe ich zugestimmt. Aber der Maro, die nur 5 Mio Euro gebraucht hätte, hätten Sie dann schon auch rechtzeitig helfen können.
- Dafür sind wir Grüne erleichtert, dass es der Ministerpräsident nicht geschafft hat, das 49 Euro-Ticket zu beerdigen. „Einsteigen, nicht aussteigen!“ heißt die Devise!
- Erleichtert bin ich auch, dass im Einzelplan 15 tatsächlich mehr Mittel für Festspielhäuser und Theater eingestellt haben, genau wie wir es beantragt hatten. Die Häuser leiden seit Jahren unter steigenden Kosten bei gleichbleibender Förderung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen,
wie lange wollen Sie sich noch auf der Kritik an der Ampel, die es gar nicht mehr gibt, ausruhen?
In den Kreistagen, in den Gemeinderäten, viele von uns kennen das selbst, da sind gerade Haushaltsberatungen und da brennt doch zur Zeit die Hütte.
Die Landkreise verdünnen den Bustakt, der Denkmalschutz wird dezimiert. Freiwillige Aufgaben wie Kulturförderung, wie die Förderung der Vereine, der Ehrenamtlichen, der Klimaschutz, Hochwasserschutz, Wärmenetze — das alles fällt grad hinten runter, weil diese Staatsregierung die Kommunen im Stich lässt. Der Anspruch auf Ganztagsbetreuung, er wird vor Ort so billig wie möglich umgesetzt, um Geld zu sparen. Das schafft nicht nur Bildungsungerechtigkeit, das ist ein harter Wirtschaftsfaktor, wenn Sie schon bei der Bildung der Kleinsten sparen.
Jetzt werden Sie sagen, ja, die Landkreise müssen halt die Kreisumlage erhöhen, um all das zu finanzieren. Ja, stimmt, tun sie, aber zahlen tun das die Gemeinden und denen fehlt dann wieder das Geld.
Deshalb fordern wir – aus diesem Haushalt, aus der Rücklage des Freistaats von 4 Mrd Euro – eine Kommunalmilliarde, sofort, für Kommunen, die funktionieren und investieren! In dieser Milliarde sollen sein:
- 200 Mio Euro mehr für den kommunalen Hochbau und für die Schlüsselzuweisungen 300 Mio. Euro mehr.Um Schulen zu sanieren, Schultoiletten benutzbar zu machen, Feuerwehrhäuser zu ertüchtigen, Wärmenetze zu bauen. Denn wenn es an den Schulgebäuden schon bröselt, erodiert auch der gesellschaftliche Kit.
- Und dann noch 50 Mio. Euro für die Sanierung kommunaler Schwimmbäder. Wissen Sie überhaupt, wieviele Schwimmbäder in Bayern sanierungsbedürftig sind? Wie lange wollen wir noch zuschauen, wie viele Kinder nicht mehr schwimmen lernen können?
- Und wir wollen die Kita-Finanzierung wieder auf verlässliche Beine stellen, die staatliche Grundfinanzierung der bayerischen Kitas ist im Lauf der Jahre viel zu niedrig geworden, der Rest bleibt an den Kommunen und den Eltern hängen.
- 100 Mio Euro für Stabilisierungshilfen und Bedarfszuweisungen, eine Verdoppelung im kommenden Jahr auf 200 Mio Euro. Finanzschwache Kommunen brauchen nun mal bessere Unterstützung.
- Ausreichend Mittel für die Landkreise für staatliche Aufgaben, da zahlen die nämlich seit Jahren drauf, im Schnitt jeder Landkreis 5 Mio Euro. Für die Bauämter, die unteren Naturschutzbehörden. Ein Ausgleich von 100 Mio Euro sofort, perspektivisch auf 350 Mio Euro.
- Mehr Zuweisungen an unsere sieben Bezirke in Bayern, die dritte kommunale Ebene. Für die immens wichtigen Aufgaben im Sozialen, bei den Wohnformen und der Unterstützung für Menschen mit Behinderung, für Jugendarbeit, Gesundheit, Kultur. Wir fordern, den Bezirken statt 100 Mio. Euro 200 Mio. Euro sofort zu geben und perspektivisch 300 Mio Euro. Dann haben die Bezirke endlich die Milliarde, die sie für ihre Aufgabe brauchen und die lange zugesagt ist.
- Es fehlt noch eine Erhöhung der RzWas um 100 Mio Euro (275 Mio Euro), für die kommunalen Wasser- und Abwassernetze. Jedes Jahr schauen unzählige Kommunen sprichwörtlich in die Röhre, weil sie zwar berechtigt wären, der Härtefallfonds aber deutlich unterfinanziert ist.
Und wenn Sie den Kommunen schon ausdrücklich eigene Einnahmemöglichkeiten verbieten wie:
- die Bettensteuer für die Tourismusorte, die sie wollen oder
- die Grundsteuer C
… dann muss der Kommunalanteil am Steuerverbund, der frei verfügbar ist, grundsätzlich erhöht werden. Sie haben sich heuer mit den Spitzenverbänden auf 13% „geeinigt“, das ist kaum spürbar, zumal es keine weitere Perspektive gibt. Hier braucht es 14% mit der Perspektive auf 15% für Pauschalen und Schlüsselzuweisungen. Auf die Ausgleichsmasse im kommunalen Finanzausgleich wird sich das erst ab dem Jahr 2026 auswirken.
Und eins noch, das schreiben wir Ihnen jedes Jahr ins Stammbuch: Die kommunalen Förderprogramme des Freistaates müssen endlich entstaubt und entbürokratisiert werden. Es ist für viele v.a. kleinere Kommunen organisatorisch und personell viel zu aufwendig, an Fördermittel zu kommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ja, wir können uns jetzt noch ein paar Monate drüber unterhalten, wer schuld ist, die Ampel, die vor lauter Gestreite ihre eigenen Erfolge verdeckt hat oder doch die Union, die über Jahrzehnte in Deutschland regiert und eine völlig marode Infrastruktur hinterlassen hat, eine Bahn, die nicht fährt, ein digitales Netz, das es nicht gibt, eine altmodische Energieversorgung, die uns in Abhängigkeiten gebracht hat. Darüber könnten wir jetzt noch lange streiten, aber dann hätten wir alle den Gong nicht gehört. JETZT erwarten die Leute von uns, dass wir – alle miteinander — die Dinge lösen, dass wir zusammenarbeiten und dass endlich was vorwärts geht!
In eine konjunkturelle Delle auch noch reinzusparen, ist völlig daneben. Einsparungen bei Familien ankündigen, schafft große Verunsicherung. Es ist auch völlig daneben, dass Sie die Lage schlechter reden als sie ist. Denn auch damit schaffen Sie Verunsicherung. Ist das Ihr Ziel?
Die öffentliche Hand muss antizyklisch arbeiten, muss jetzt mehr investieren, die Konjunktur damit vor Ort ankurbeln.
Die Kommunen stehen so unter Druck, jede neue Herausforderung schlägt dort auf. Ihnen müssen wir doch alle gemeinsam den Rücken freihalten.
Jetzt brauchen wir anpacken statt posen, machen statt schwätzen.
Machen Sie sich bitte an die Arbeit, bei konstruktiven Haushaltsberatungen sind wir gern dabei!
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