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Grü­ne wol­len eine Mil­li­ar­de in Kom­mu­nen inves­tie­ren — mei­ne Rede zur 1. Lesung des Nach­trags­haus­halts 2025

Um es gleich­mal vor­weg­zu­neh­men: Gemes­sen an Ihrem Gejam­mer hier Woche für Woche schaut es so schlecht in Bay­ern nicht aus.

Die Rück­la­ge beträgt auf­grund guter Steu­er­ein­nah­men 4 Mrd Euro mehr als geplant.

Wo es dage­gen wirk­lich schlecht aus­schaut, ist bei unse­ren Kom­mu­nen. Die Defi­zi­te unse­rer Städ­te und Gemein­den waren allein im ers­ten Halb­jahr 2024 mit 5 Mrd. Euro dop­pelt so hoch wie im gesam­ten Jahr 2023. Kreis­ta­ge und Gemein­de­rats­gre­mi­en wis­sen nicht mehr, wie sie einen aus­ge­gli­che­nen Haus­halt hin­be­kom­men sollen.

Das heißt für uns alle: Die­ser Nach­trags­haus­halt muss unse­ren Kom­mu­nen hel­fen, viel mehr als bis­her! Ande­re Bun­des­län­der wie Baden-Würt­tem­berg und Rhein­land-Pfalz machen das längst.

Des­halb for­dern wir – aus die­sem Haus­halt, aus die­ser an sich nicht erwar­te­ten Rück­la­ge des Frei­staats von 4 Mrd Euro eine Mrd Euro sofort, für unse­re Kom­mu­nen! Denn dafür ist ein Nach­trag da, um auf aktu­el­le Her­aus­for­de­run­gen reagie­ren zu können.

Die Baye­ri­sche Staats­re­gie­rung dage­gen schiebt in die­sem Nach­trags­haus­halt nur die Sum­men hin- und her, am Geld hat sich wenig geän­dert. Gro­ße Ideen gibt es offen­sicht­lich nicht, um die drin­gen­den Auf­ga­ben anzu­ge­hen, von denen wir hier jede Woche sprechen.

Ein klein­ka­rier­ter Buch­hal­ter­haus­halt. Was näm­lich schon auf­fällt: Die Staats­re­gie­rung sucht nach Geld, sie kratzt alles zusam­men. Da tau­chen dann im Ent­wurf urplötz­lich 100 Mio Euro Mehr­ein­nah­men durch höher ange­setz­te Stra­fen auf, an den Land­rats­äm­tern, in der Jus­tiz, bei der Poli­zei, bei den Finanzämtern.

Die Zeit der Wahl­kampf­ge­schen­ke ist offen­sicht­lich vor­bei, sie hat gro­ße Löcher in die Pla­nun­gen der ver­gan­ge­nen Jah­re geschla­gen, ohne ech­te Ver­bes­se­run­gen auf Dau­er zu schaf­fen. Und jetzt, aus­ge­rech­net in der Kri­se, neh­men Sie es den Leu­ten wieder.

Der Etat für Staats­stra­ßen aller­dings bleibt bei einer hal­ben Mil­li­ar­de Euro, Sie neh­men dafür sogar 72 Mio Euro aus dem Grundstock.

Aber ihr Rasen­mä­her ist auch wie­der zugan­ge, eine Haus­halts­sper­re von 15% statt 10%, das ist nicht sach­ge­recht, ein­fach über­all zu spa­ren und kei­ne Prio­riä­ten zu setzen.

Und dann noch die absur­de Ankün­di­gung und Pas­sa­ge im Ent­wurf: “Für den Dop­pel­haus­halt 2026/2027 wer­den für das Haus­halts­jahr 2026 kei­ne kos­ten­wirk­sa­men neu­en Stel­len vor­ge­se­hen.” Ers­tens geht es grad um das Jahr 2025, zwei­tens gene­rel­ler Abbau von 5.000 Stel­len? Sie schrei­ben zudem allen Erns­tes ins Haus­halts­ge­setz, dass die Stel­len „vor­aus­sicht­lich begin­nend mit dem Dop­pel­haus­halt 2026/2027“ redu­ziert wer­den sol­len. Das ist doch kein Geset­zes­text, son­dern eine völ­lig unver­bind­li­che Absichts­er­klä­rung, viel­leicht machen wir das 2026, viel­leicht auch nicht. So etwas gehört nicht ins Haushaltsgesetz.

Aber wenn der Minis­ter­prä­si­dent so etwas sagt, dann schreibt’s der Finanz­mi­nis­ter brav in den Ent­wurf. Pau­schal 5.000 Stel­len. Ohne Ziel, ohne zu sagen, wo? Wir haben einen Antrag gestellt, dass von den 5.000 Stel­len wenigs­tens nicht bei den Lehr­kräf­ten gestri­chen wer­den soll. Dabei blei­ben wir!

Zu aktu­el­len Her­aus­for­de­run­gen ist die­ser Nach­trags­haus­halt aber eine Fehl­an­zei­ge. Ganz im Gegen­teil, Geiz zeigt sich selbst bei klei­nen Beträgen:

  • Das beginnt beim Pro­gramm K 33 für Humus­auf­bau in der Land­wirt­schaft, eine der wich­tigs­ten und erfolg­reichs­ten Maß­nah­men für die Umwelt, Schluss, aus, been­det. So vie­le Land­wir­te haben mit­ge­macht, sind in Vor­leis­tung gegan­gen, der Boden muss­te im Herbst vor­be­rei­tet wer­den, das weiß sogar ich, im Stich gelas­sen. Hier gibt’s einen Antrag von uns!
  • Des Minis­ter­prä­si­den­ten Ambi­tio­nen bei der E‑Ladeinfrastruktur sind auch nur gro­ße Sprü­che: Am Mon­tag vor einer Woche, beim Fahr­zeug­gip­fel, hat Herr Söder ver­kün­det, dass die Lade­punk­te in Bay­ern von heu­te 30.000 bis 2030 auf 100.000 erhöht wer­den sol­len. Gleich­zei­tig hal­biert er im Nach­trags­haus­halt die Mit­tel von 10 Mio. € auf 5 Mio. €.
  • Für die Qua­li­täts­ent­wick­lung bei der Kin­der­be­treu­ung gibt es jetzt mehr Bun­des­mit­tel. Aber anstatt den Bay­ern­an­teil auch zu erhö­hen, kürzt die Staats­re­gie­rung die baye­ri­schen Mit­tel um 25 Mio Euro. Da kann man nur noch den Kopf schüt­teln… Dabei sind unse­re Kin­der unser höchs­tes Gut und ihre ver­läss­li­che Betreu­ung für alle jun­gen Eltern ist auch ein wich­ti­ger Wirtschaftsfaktor.
  • Und seit Jah­ren bean­tra­gen wir jetzt, mehr für Geo­ther­mie und Wär­me­net­ze zu tun. Inzwi­schen bean­tra­gen das sogar CSU-Abge­ord­ne­te, erst neu­lich im Ple­num wie­der. Und? Nix gemacht, im Stamm­haus­halt ste­hen wei­ter­hin nur 5 Mio Euro statt noch 7,5 Mio in 2023. Ich kann Ihnen sagen: Wir wer­den wie­der Bürg­schaf­ten für Geo­ther­mie und kom­mu­na­le Wär­me­net­ze bean­tra­gen, sonst wird das nichts.
  • Aber 1,6 Mio Euro sind Ihnen die Can­na­bis-Kon­trol­len wert. Schi­ka­ne der Ver­ei­ne las­sen Sie sich was kosten.
  • Das Digi­tal­mi­nis­te­ri­um ver­wal­tet wie­der nur sich selbst. Wer den gro­ßen Wurf erwar­tet hat ange­sichts Cyber­at­ta­cken und Des­in­for­ma­ti­on, wird wie­der enttäuscht.
  • Auch bei der Jus­tiz kommt nichts, trotz des Fol­ter­skan­dals der letz­ten Wochen.
  • Und Herr Aiwan­ger kürzt die Inves­ti­tio­nen bzw. Zuschüs­se an Unter­neh­men zur Dekar­bo­ni­sie­rung um 12,5 Mio Euro. Wenn da wirk­lich Geld übrig ist, dann stimmt was mit Ihrem För­der­pro­gramm nicht.
  • Inter­es­sant zum The­ma Woh­nen: Unzäh­li­ge Male haben Sie mir und den betrof­fe­nen Men­schen erklärt, lei­der, lei­der könn­ten Sie der Wohn­ge­nos­sen­schaft Maro nicht hel­fen, denn sie ist insol­vent. Für den insol­ven­ten Flug­ta­xi­s­her­stel­ler Lili­um aller­dings haben sie 54 Mio Euro im Haus­halt ste­hen gelas­sen. Hab ich nichts dage­gen, den Mit­teln dafür habe ich zuge­stimmt. Aber der Maro, die nur 5 Mio Euro gebraucht hät­te, hät­ten Sie dann schon auch recht­zei­tig hel­fen können.
  • Dafür sind wir Grü­ne erleich­tert, dass es der Minis­ter­prä­si­dent nicht geschafft hat, das 49 Euro-Ticket zu beer­di­gen. „Ein­stei­gen, nicht aus­stei­gen!“ heißt die Devise!
  • Erleich­tert bin ich auch, dass im Ein­zel­plan 15 tat­säch­lich mehr Mit­tel für Fest­spiel­häu­ser und Thea­ter ein­ge­stellt haben, genau wie wir es bean­tragt hat­ten. Die Häu­ser lei­den seit Jah­ren unter stei­gen­den Kos­ten bei gleich­blei­ben­der Förderung.

Lie­be Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen der Regierungsfraktionen,

wie lan­ge wol­len Sie sich noch auf der Kri­tik an der Ampel, die es gar nicht mehr gibt, ausruhen?

In den Kreis­ta­gen, in den Gemein­de­rä­ten, vie­le von uns ken­nen das selbst, da sind gera­de Haus­halts­be­ra­tun­gen und da brennt doch zur Zeit die Hütte.

Die Land­krei­se ver­dün­nen den Bus­takt, der Denk­mal­schutz wird dezi­miert. Frei­wil­li­ge Auf­ga­ben wie Kul­tur­för­de­rung, wie die För­de­rung der Ver­ei­ne, der Ehren­amt­li­chen, der Kli­ma­schutz, Hoch­was­ser­schutz, Wär­me­net­ze — das alles fällt grad hin­ten run­ter, weil die­se Staats­re­gie­rung die Kom­mu­nen im Stich lässt. Der Anspruch auf Ganz­tags­be­treu­ung, er wird vor Ort so bil­lig wie mög­lich umge­setzt, um Geld zu spa­ren. Das schafft nicht nur Bil­dungs­un­ge­rech­tig­keit, das ist ein har­ter Wirt­schafts­fak­tor, wenn Sie schon bei der Bil­dung der Kleins­ten sparen.

Jetzt wer­den Sie sagen, ja, die Land­krei­se müs­sen halt die Kreis­um­la­ge erhö­hen, um all das zu finan­zie­ren. Ja, stimmt, tun sie, aber zah­len tun das die Gemein­den und denen fehlt dann wie­der das Geld.

Des­halb for­dern wir – aus die­sem Haus­halt, aus der Rück­la­ge des Frei­staats von 4 Mrd Euro – eine Kom­mu­nal­mil­li­ar­de, sofort, für Kom­mu­nen, die funk­tio­nie­ren und inves­tie­ren! In die­ser Mil­li­ar­de sol­len sein:

  • 200 Mio Euro mehr für den kom­mu­na­len Hoch­bau und für die Schlüs­sel­zu­wei­sun­gen 300 Mio. Euro mehr.Um Schu­len zu sanie­ren, Schul­toi­let­ten benutz­bar zu machen, Feu­er­wehr­häu­ser zu ertüch­ti­gen, Wär­me­net­ze zu bau­en. Denn wenn es an den Schul­ge­bäu­den schon brö­selt, ero­diert auch der gesell­schaft­li­che Kit.
  • Und dann noch 50 Mio. Euro für die Sanie­rung kom­mu­na­ler Schwimm­bä­der. Wis­sen Sie über­haupt, wie­vie­le Schwimm­bä­der in Bay­ern sanie­rungs­be­dürf­tig sind? Wie lan­ge wol­len wir noch zuschau­en, wie vie­le Kin­der nicht mehr schwim­men ler­nen können?
  • Und wir wol­len die Kita-Finan­zie­rung wie­der auf ver­läss­li­che Bei­ne stel­len, die staat­li­che Grund­fi­nan­zie­rung der baye­ri­schen Kitas ist im Lauf der Jah­re viel zu nied­rig gewor­den, der Rest bleibt an den Kom­mu­nen und den Eltern hängen.
  • 100 Mio Euro für Sta­bi­li­sie­rungs­hil­fen und Bedarfs­zu­wei­sun­gen, eine Ver­dop­pe­lung im kom­men­den Jahr auf 200 Mio Euro. Finanz­schwa­che Kom­mu­nen brau­chen nun mal bes­se­re Unterstützung.
  • Aus­rei­chend Mit­tel für die Land­krei­se für staat­li­che Auf­ga­ben, da zah­len die näm­lich seit Jah­ren drauf, im Schnitt jeder Land­kreis 5 Mio Euro. Für die Bau­äm­ter, die unte­ren Natur­schutz­be­hör­den. Ein Aus­gleich von 100 Mio Euro sofort, per­spek­ti­visch auf 350 Mio Euro.
  • Mehr Zuwei­sun­gen an unse­re sie­ben Bezir­ke in Bay­ern, die drit­te kom­mu­na­le Ebe­ne. Für die immens wich­ti­gen Auf­ga­ben im Sozia­len, bei den Wohn­for­men und der Unter­stüt­zung für Men­schen mit Behin­de­rung, für Jugend­ar­beit, Gesund­heit, Kul­tur. Wir for­dern, den Bezir­ken statt 100 Mio. Euro 200 Mio. Euro sofort zu geben und per­spek­ti­visch 300 Mio Euro. Dann haben die Bezir­ke end­lich die Mil­li­ar­de, die sie für ihre Auf­ga­be brau­chen und die lan­ge zuge­sagt ist.
  • Es fehlt noch eine Erhö­hung der RzWas um 100 Mio Euro (275 Mio Euro), für die kom­mu­na­len Was­ser- und Abwas­ser­net­ze. Jedes Jahr schau­en unzäh­li­ge Kom­mu­nen sprich­wört­lich in die Röh­re, weil sie zwar berech­tigt wären, der Här­te­fall­fonds aber deut­lich unter­fi­nan­ziert ist.

Und wenn Sie den Kom­mu­nen schon aus­drück­lich eige­ne Ein­nah­me­mög­lich­kei­ten ver­bie­ten wie:

  • die Bet­ten­steu­er für die Tou­ris­mus­or­te, die sie wol­len oder
  • die Grund­steu­er C

… dann muss der Kom­mu­nal­an­teil am Steu­er­ver­bund, der frei ver­füg­bar ist, grund­sätz­lich erhöht wer­den. Sie haben sich heu­er mit den Spit­zen­ver­bän­den auf 13% „geei­nigt“, das ist kaum spür­bar, zumal es kei­ne wei­te­re Per­spek­ti­ve gibt. Hier braucht es 14% mit der Per­spek­ti­ve auf 15% für Pau­scha­len und Schlüs­sel­zu­wei­sun­gen. Auf die Aus­gleichs­mas­se im kom­mu­na­len Finanz­aus­gleich wird sich das erst ab dem Jahr 2026 auswirken.

Und eins noch, das schrei­ben wir Ihnen jedes Jahr ins Stamm­buch: Die kom­mu­na­len För­der­pro­gram­me des Frei­staa­tes müs­sen end­lich ent­staubt und ent­bü­ro­kra­ti­siert wer­den. Es ist für vie­le v.a. klei­ne­re Kom­mu­nen orga­ni­sa­to­risch und per­so­nell viel zu auf­wen­dig, an För­der­mit­tel zu kommen.

Lie­be Kol­le­gin­nen und Kollegen,

ja, wir kön­nen uns jetzt noch ein paar Mona­te drü­ber unter­hal­ten, wer schuld ist, die Ampel, die vor lau­ter Gestrei­te ihre eige­nen Erfol­ge ver­deckt hat oder doch die Uni­on, die über Jahr­zehn­te in Deutsch­land regiert und eine völ­lig maro­de Infra­struk­tur hin­ter­las­sen hat, eine Bahn, die nicht fährt, ein digi­ta­les Netz, das es nicht gibt, eine alt­mo­di­sche Ener­gie­ver­sor­gung, die uns in Abhän­gig­kei­ten gebracht hat. Dar­über könn­ten wir jetzt noch lan­ge strei­ten, aber dann hät­ten wir alle den Gong nicht gehört. JETZT erwar­ten die Leu­te von uns, dass wir – alle mit­ein­an­der — die Din­ge lösen, dass wir zusam­men­ar­bei­ten und dass end­lich was vor­wärts geht!

In eine kon­junk­tu­rel­le Del­le auch noch rein­zu­spa­ren, ist völ­lig dane­ben. Ein­spa­run­gen bei Fami­li­en ankün­di­gen, schafft gro­ße Ver­un­si­che­rung. Es ist auch völ­lig dane­ben, dass Sie die Lage schlech­ter reden als sie ist. Denn auch damit schaf­fen Sie Ver­un­si­che­rung. Ist das Ihr Ziel?

Die öffent­li­che Hand muss anti­zy­klisch arbei­ten, muss jetzt mehr inves­tie­ren, die Kon­junk­tur damit vor Ort ankurbeln.

Die Kom­mu­nen ste­hen so unter Druck, jede neue Her­aus­for­de­rung schlägt dort auf. Ihnen müs­sen wir doch alle gemein­sam den Rücken freihalten.

Jetzt brau­chen wir anpa­cken statt posen, machen statt schwätzen.

Machen Sie sich bit­te an die Arbeit, bei kon­struk­ti­ven Haus­halts­be­ra­tun­gen sind wir gern dabei!

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